Beatsteaks :: Boombox

Warner

Was den Zitat-Rock der „Beatbuletten“ ausmacht: positive Energie, Handwerk, Stilsicherheit und das „Händchen“ für Melodien – ist alles da.

„Für eine deutsche Band nicht schlecht.“ Früher verliehen Kritiker diesen Status jeder zweiten Kapelle zwischen Flensburg und Fürstenfeldbruck. Das klang mitleidig und ein wenig resignativ, später schwang, wenn es überhaupt noch benutzt wurde, Häme mit in diesem Fazit. Fein, aber was hat das mit den Beatsteaks zu tun? Eben seit Smack Smash (2004) nichts mehr. Allerdings unterstreicht Boombox, das Album nach der Schaffenspause: Zu einer den Kellerclub- wie den Stadion-Rock definierenden oder zumindest neu deutenden Macht werden die Berliner auch nicht mehr. Sie sind eine Band mit „anderen“ Qualitäten. Kreuzsympathische Charaktertypen, als Kapelle eingespielt wie eine Weltumsegelungscrew, live ein Ereignis, das Massen bespaßt und sich doch anfühlt, als hätte man im Campingurlaub eine besonders witzige Clique kennengelernt. Und dann spuckt das Quintett eben auch immer wieder Hits aus, denen keiner auskommt, dem solcher Rock, der die Faust im Himmel sehen will, nicht ohnehin zu proll ist. Dabei sind es oft gerade diese Hits, die einem deutlich machen, wo die Grenzen der Beatsteaks liegen: Hier bringt sich eine Zitatband besonders gut auf den Punkt, erzielt auf ihrem Terrain und mit ihren Möglichkeiten die Meisterschaft. (Wie hoch eine solche „Leistung“ zu bewerten ist, darüber kann wohl nur streiten, wer nicht gerade damit beschäftigt ist, die virulente Schülerband-Gitarrenmelodie von „Milk & Honey“ aus seinem Gehörgang zu entfernen.) Ein gewisser Jan Vetter schreibt in der Presseinfo: „Atemlos versucht man, die kurz aufblitzenden Musikstile und Zitate zu erhaschen: Motown! Punkrock! Metal! Ska! New Wave! Hardcore! Hey, war das nicht der Chor aus, Ghost Town‘? Singt Arnim hier nicht wie Curtis Mayfield?“ Da gehen props von Rock’n’Roll-Zitatband zu Rock’n’Roll-Zitatband (Die Ärzte haben nur eben auch noch andere inhaltliche Qualitäten). Wie die Beatsteaks dies umsetzen, ist tatsächlich ausgezeichnet – mit originellen Arrangements (Das Drumming! Die Gitarren-Dialoge zwischen Bernd und Peter! Arnims Gesangswandlungen! Mehr Keyboards!) und einem Sound, der das Prinzip „Band spielt im Proberaum drauflos“ an den richtigen Stellen erweitert, sodass der Dancehall-Pop von „Automatic“ wie bei No Doubt klingt und „Cheap Comments“ trocken nach einem Bastard aus Chili Peppers und Queens Of The Stone Age. Wenn es denn ein Problem mit dieser Platte gibt, dann vielleicht, dass es die Beatsteaks mit Boombox offensichtlich in jedem Moment allen recht machen wollten – also allen fünf Beatsteaks.

Dossier ME 2/2011