Ben LaMar Gay

Open Arms To Open Us

International Anthem/Indigo (VÖ: 19.11.)

Freestylejazzfolkfunkbrasileira oder: ein Freischwimmer in den reißenden Strömungen der Popgeschichte.

Ben LaMar Gay komponierte bereits für Tanzensembles, er begleitete mit seiner Musik architektonische Werke, und der Multiinstrumentalist aus Chicago könnte wohl auch zu Architektur tanzen. Denn um die Erweiterungen von Möglichkeiten und das Aufspüren von musikalischen Verbindungen auf einer historischen wie technologischen Achse geht es bei Ben LaMar Gay immer.  Die Zusammenstellung DOWNTOWN CASTLES CAN NEVER BLOCK THE SUN (2018) legte schon beeindruckend Zeugnis davon ab, und das waren Klangbeispiele, die Gay nur im Familienkreis „veröffentlicht“ hatte. Damit kommt OPEN ARMS TO OPEN US gewissermaßen die Rolle eines Debüts zu, das Album überzeugt aber auch als Starterset für Ben-LaMar-Gay-Novizen.

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Der Künstler legt hier eine Zündschnur in einen hochexplosiven Raum, der mit lauter Beatmaschinen verschaltet ist. Rhythmen durchwirken diese 16 Tracks – von zwei hörspielartigen Skizzen einmal abgesehen – sie tragen New-Orleans-Jazz in elektronische Störfelder, wühlen Melodien auf. Die Familie erobert auch diese Aufnahmen, familiär klingt das dennoch nicht. In den Song zu Tante Lola und der Wachtel zieht eine irritierend tirilierende Gesangsgruppe ein, „Dilly Ah Dah Dang Gah Dang GahDang GahDang GahDang Gah“ auf den Lippen.

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„Dress Me Now“ wird mit auf- und abschwellenden Instrumentalklängen erzählt. Ist das noch Jazz-Funk oder schon Electro-Brasileria? Fragen, die mit Sicherheit nicht zu beantworten sind. Die Band bringt alles in einen Fluß, ihr Vordenker katapultiert sich zurück an die Orte, die sein Erleben von Klang und Musik in der Kindheit geprägt haben. Die Geschichten sind wie Schleusen, die geöffnet werden mussten, auf einmal tritt ein hymnischer DooWop-Chor aus einem Hochgeschwindigkeitsprogrocktrack („Sometimes I Forget How Summer Looks On You“), das Video zeigt seilspringende Mädchen, ein tranzendentales Glücksversprechen. Über Wasser gehen kann Ben LaMar Gay nicht, aber er macht gerade seinen Freischwimmer in den reißenden Strömungen der Popgeschichte, den Kopf weit oben.

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