Benjamin Biolay – Negatif

Wenn er sanft im Flüsterton parliert und dazu zart an der Akustischen zupft, kündigt sich nichts Böses an. Doch dann glaubt man seinen Ohren nicht zu trauen. „Billy Bob a raison, tes gens c’est tous de cans“. Wie bitte??? Alle Menschen sind scheiße (noch vornehm ausgedrückt)? Ganz schön misanthropisch. Aber große Liedkunst ist eben immer auch die, bei der sich der Inhalt nicht zwanghaft nach dem äußeren Erscheinungsbild richtet. Benjamin Biolay darf in dieser Hinsicht bereits mit seinem zweiten Album als großer Künstler angesehen werden. Wie Serge Gainsbourg oder der gelegentlich auch musizierende Schriftsteller Michel Houellebecq versteht er es, romantische Ausstrahlung und seriöse Erscheinung mit kleinen Ferkeleien zu konterkarieren. Stilistisch beschränkt sich Biolay nicht. „Hors la vie“ wird von Piano und countryartiger Gitarre gestreichelt. „Chaise a Tokyo“ fällt mit Loops und Frauenstimmen wesentlich treibender und urbaner aus. Seine ureigene Jane Birkin hat Biolay auch. Es ist Marcellos Tochter Chiara Mastroianni, die in „Je ne t’ai pas aime“ (auch nicht gerade nett!) gastiert. Durch das spacig-nachdenkliche „Glory Hole“ ziehen sich unglaublich aufwühlende Streichersätze. Momentan, da der Franzose politisch gesehen als unser bester Kumpel gilt, wäre es an der Zeit, unsere Nachbarn endlich besser kennen zu lernen. Mit Monsieur Biolay macht man einen sehr guten Anfang. www.beniaminbiolay.com