Blue Orchids – The Greatest Hit
Nach der Flaute im letzten Jahr kommt das immer noch lobenswerte Rough-Trade-Label jetzt mit ganzen Schwüngen hervorragender Platten. Die Blue Orchids aus Manchester zum Beispiel sind ein Beispiel für besten Underground-Pop, sprich eine Mischung aus einfachen 60er-Melodien und Arrangements, garagenhafter Produktion und modernem Verstand.
Kern der Gruppe sind die beiden ex-Fall-Musiker Martin Bramah (Guitar, Vocals) und Una Baines (Keyb), doch gibt es kaum die Fall’sche Rauheit. Una Baines‘ Orgel swingt und flimmert durchdringend, witzig und prägnant, Bramah’s Stimme kippelt in an der Grenze zwischen Schöngesängen und näselnder Rezitation, das Repertoire reicht von angriffslustigen Popsongs wie »Bad Education“ bis hin zu psychedelischen Balladen wie „Mad As The Mist And Snow“, einer sehr angemessenen Yeats-Vertonung. Schöne, kämpferische Musik des Nordens. Für alle Tage(szeiten).
Ebensogut, darüberhinaus in der Produktionsweise ähnlich: die Go-Betweens, ein Trio aus dem fernen Australien, mit einer aparten Frau am Schlagzeug. Sehr einfache, durchsichtige Sonqs und teilweise hinreißende, außerweltliche Harmonien gleiten ineinander über, bleiben im Ohr hängen und wecken die Sucht nach mehr. Absoluter Höhepunkt auf SEND ME A LULLABYE ist die kleine Garagen-Oper „Eight Pictures“ in ihrer sparsamen Gitarre-Bass-Begleitung und dem Schlagzeug als überraschendes Solo-Instrument. Hat man ein solches Drum-Solo je zuvor gehört? Ich bezweifle es. Schöne, lebendige Musik des (mittleren) Südens. Für alle Lebenslagen.
Beide Platten härten sicher in unserer Kritikerliste einen Platz verdient und durchaus Chancen gehabt, doch kam die Gründung von Rough Trade Deutschland dafür wohl einen kleinen Tick zu spät.
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