Calexico

The Thread That Keeps Us

City Slang/Universal

Die Mariachi-Wüsten-Rocker aus Tucson legen ihre komplette DNA frei und überraschen mit einigen Mutationen.

Zwischen Frühjahr und Sommer vergangenen Jahres ging Joey Burns einige Male auf Wanderschaft. Nicht Richtung Süden gen Mexiko, da wäre er nicht weit gekommen. Denn unweit der Heimatstadt der Band aus Tucson, Arizona, steht der „Zaun des Todes“, eine hundert Meilen lange Hoch­sicherheitsgrenze, an der ausnahmsweise nicht Trump, sondern George W. Bush schuld ist. Nein, der Gitarrist, Sänger und Songwriter von Calexico schnürte die Stiefel nahe San Francisco, wohin die Band zusammen mit ihrem Langzeit-Produzenten Craig Schumacher zog, um im „Panoramic House“ das Album THE THREAD THAT KEEPS US aufzunehmen.

Gewöhnlich gehen Calexico in Tucson ins Studio, diesmal genossen sie den Blick auf den Pazifik, die besondere Atmosphäre und das Vintage-Equipment. Calexico verlassen also nicht nur vertrautes Terrain, sie scheinen auch die Ko­operation mit dem „fünften Beatle“ (so Joey Burns) Victor Gastelum abgebrochen zu haben. Der harte Strich des Sprayers aus der Hardcore-Punk-Szene (SST-Records) ist passé, das unscharf gehaltene Bild malte Ryan Trayte, der schon Konzertposter für die Fleet Foxes und 2015 das düstere Cover von Calexicos EDGE OF THE SUN gestaltete.

Der Nachfolger zeigt nun einen Menschen, der sich schutzlos in den Weiten zwischen Landschaft, Bergen und Horizont verliert und ganz, ganz klein erscheint. Leicht verstört, was im Trump-Land so vor sich geht, gehen Calexico auf die Suche nach Licht und Liebe, aber die extremen Zeiten plagen sie auch mit Albträumen. Es geht los, als hätten die Keyboards gerade noch an „HEROES“ mitgewirkt, ehe der furiose Opener „End Of The World With You“ in eine Replacements-Hommage umschwenkt.

Dann auf einmal stimmen Calexico einen Wüstenrock à la Tamikrest oder Tinariwen an. Die flehenden  Worte „… show me a sign when the world falls apart“ im umwerfenden „Under The Wheels“ passen so gar nicht zum Breitwand-Pop und funktionieren trotzdem. In der Mitte fällt „Another Space“ auf, denn dieses Stück scheinen Calexico aus der Welt der elektronischen Musik herübergebeamt zu haben. Etwas später überraschen die Männer mit Rumpel-Rock in bester Tav-Falco-Manier, der die hübschen Balladen drumherum aufmischt. Calexico leuchten jeden Winkel ihrer Arche aus und schlagen noch ein paar Löcher in die Planken, um so die Sicht auf Neuland frei zu machen.

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