Chris Garneau – El Radio

Hier wird die große Geste zum selbstgewissen Prinzip: Wenn Chris Garneau zu singen anhebt, dann werden gleich ganze Ozeane geweint, dann landet schon mal ein Kolibri auf der Hand des Sängers und brechen als Clowns verkleidete Zwerge des Nachts in fremde Häuser ein, um Kinder zu missbrauchen.

EL RADIO, das zweite Album des Pianisten und Songschreibers aus Brooklyn, ist aber nicht nur textlich voller bedeutungsschwangerer Symbolismen und Metaphern, sondern auch musikalisch noch barocker geraten als der vor zwei Jahren erschienene Erstling MUSIC FOR TOURISTS. Breite Streicherarrangements und majestätische Trompeten, akustische Gitarren und schwermütig rollende Trommelwirbel verschmelzen mit Garneaus wohltemperiertem Klavier zu orchestralen Miniaturen, die am liebsten ausführlich im Melodrama baden, bisweilen aber auch ins Jahrmarkthafte abzukippen drohen.

Rufus Wainwright wird von Chris Garneau zwar nicht ausdrücklich als Einfluss angegeben, aber man kann sich vorstellen, wie er am Rande der Szenerie steht und voller Zustimmung nickt, wenn Garneau mit zerbrechlicher Stimme seine melancholischen Geschichten aus Grenzstädten erzählt, voller Theatralik Glühwürmchen besingt und dabei erstaunlicherweise nur ganz selten die Grenze zum Kitsch überschreitet.

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