Coldplay :: Live 2003

Man muss schon eine Hornhaut auf dem Gemüt haben, um Coldplay feindlich gesinnt zu sein. Wenn man denn unbedingt wollte, könnte man sie am ehesten wegen der schier übernatürlichen Perfektion, der märchenhaften Makellosigkeit hassen, die sie und ihre Geschichte umgibt: Vier viel zu junge Buben aus London, dicke Freunde natürlich und das, was man „eine hart arbeitende Band“ nennt, schreiben die allerunwiderstehlichsten Großpop Hymnen diesseits von Oasis, Travis, U2, Robbie Williams und Radiohead und erobern damit die Welt. Und zwar so ziemlich die ganze, und werden dabei nicht verrückt, sondern surfen mit ihrer Markenzeichen-Mischung aus Niedlichkeit und Ernst dahin, bleiben dicke Bubenfreunde, becircen nebenher Hollywood-Stars und kümmern sich um die Dritte Welt. Jetzt können sieauchnoch was für die notleidende Plattenindustrie tun. Was früher das große Doppel-Livealbum war, ist heute die DVD, kaum ein Groß-Act mehr, den man sich nicht nach abgeschlossener Welttournee ins Regal stellen könnte. Jetzt also das Rundum-Konzertsouvenir von Cotdplays ellenlanger a rush of blood to the head Tour. Das Herzstück bildet ein kompletter Live-Set, der – farbsatt gefilmt bei zwei Auftritten diesen Sommer in Sydney aus vielleicht ein bisschen zu vielen Kamerawinkeln (noch ein Kranschwenk gefällig?) und etwas unruhig geschnitten – eindrucksvoll die Grandezza der Coldplay-Show einfängt. Diese Vier sind, ganz ohne Zusatzmucker und Background-Chor, die Stadionband you may like, sie sind für dieses Format gemacht. Sie haben die Songs dafür und Chris Martin, ein Schlenkerhäschen von einem Rockstar, das charmant naive Charisma. Neben einer Trainspotter-freundlichen Extras-Sektion lalle Tourdaten, Texte, Crew-Mitglieder-Credits. Weblinksl ist da dann noch das 40minütige „Tour Diary“. Eine fahrig geschnittene Videocollage, die so aussieht wie, aber die Antithese ist zu Radioheads Psychoschocker-Tourfilm“Meeting People Is Easy“. Wir sehen die Niedlichen backstage (keine Gwyneth Paltrow, auch nicht in der Hollywood Bowl). beim Flirten mit Journalistinnen, bei Akustiksets fürs Radio, Soundcheck-Trashereien in leeren Hallen, beim Meeting mit dem Management, beim Stöbern in Plattenläden, im Tourbus. Und Chris Martin ist ständig am Kichern. Wenn man das Schlenkerhäschen dann irgendwann nicht mehr sehen mag, kann man die im Lieferumfang enthaltene Audio-Live-CD einlegen.