Daniel Avery
TREMOR
Domino (VÖ: 31.10.)
Electronica-Wildwiese mit viel Verstand, aber wenig Sinn.
Was die frühen Nullerjahre zu bieten hatten: Electronic-Platten, die alle abholten. Vom Sample-Wahnsinn der Avalanches über die Schlaumeisenprojekte Boards Of Canada oder Four Tet bis zum Electropop von Goldfrapp – es war für jeden was dabei. Daniel Avery, bewährte Electronica-Kraft, erinnert mit TREMOR an diese Zeit.
Sein erstes Album für Domino soll viele Kreise erreichen, holt sich gleich zu Beginn eine Identitätskrise ins Haus. Track eins „Neon Pulse“ bietet Pathos-Ambient, Track zwei „Rapture In Blue“ mit Gastsängerin Cecile Believe ist verführerischer Electropop mit Shoegaze-Gitarren von Andy Bell von Ride, „Haze“ setzt auf Electro-Rock, wie er auf großen Festivals läuft.
So bunt geht es weiter, wobei auffällt, dass die beteiligten Gäste den Sound bestimmen. Allison Mosshart von den Kills gibt bei „Greasy Of The Racing Line“ die Dämonin, Walter Schreiffels, Ikone der Post-Hardcore- und Emo-Bewegung, bringt bei „In Keeping (Soon We’ll Be Dust)“ Sehnsucht und Schwermut ins Spiel, Julie Dawson, Sängerin der tollen neuen Indie-Band NewDad, entgegnet den lauten Beats eine schöne Dream-Popmelodie. Die Stärke von TREMOR: Jeder Track ergibt für sich genommen Sinn. Die Schwäche: Im Albumformat geht dieser Sinn verloren.
Diese Review erschien zuerst im Musikexpress 11/2025.



