Deichkind :: Noch 5 Minuten Mutti

HipHop: Die "Crew vom Deich" predigt die vollendete Enthemmung.

„Das könnt Ihr doch nicht machen! Entweder gibt es niemanden, der Malte, Buddy, Philipp und Sebi auf diesen Umstand hinweist, oder die vier schlagen alle Warnungen in den steifen Nordwind. Ein Album wie NOCH 5 MINUTEN MUTTI bedurfte jedenfalls der kompletten Enthemmung. Wer mit dem Humor der „Crew vom Deich“ nicht kann, für den fungiert schon „Intro“ als Rausschmeißer. Hier bekommt die Nation in grausiger Rockballaden-Parodie zwischen Black Föös und mittlerem Maffay vorgeknödelt, dass die Zeit des Wartens vorbei und das neue Album „der Hammer“ sei. Stimmt schon. NOCH 5 MINUTEN MUTTI ist nichts zu fett, ein Bastard aus G- und Homerecording-Funk, Stevie-Wonder-Synthie-Riffs und 80’s-Retro-Disco, näher an Dr. Dres skurrilen Eminem-Produktionen als irgendwas zwischen den Deichen und den Alpen, doch immer auch formvollendetes HipHop-Kiez-Theater. Als chartsbrechendes Brett und MUTTI-Opener schicken Deichkind den Party-Bouncer „Limit“ ins Rennen. Straight, satt, schnell. Dergestalt hochgepitcht wird ein jeder dankbares Opfer für Stolperfallen wie dem stotternden, aus Bubblegum gestrickten „Geheimnis“ oder dem tiefen Soul bekiffter Schlümpfe im wunderlichen „Pling Pling“. Mit diesem Album gelingt Deichkind das Kunststück, sich jenseits der Parodie fürstlich zu beömmeln über etablierten Sprechgesang und R ’n‘ B, gleichzeitig aber seinen Pappenheimern selbst die sämigst gerührte Kost seit – hier bitte eigene(n) Lieblings-Künstler einsetzen – zu kredenzen. Vielleicht der einzige Schwachpunkt: Bei allem Wortwitz ermüdet der vertonte Hormonstau in pubertären Versteifungen wie „Pferd im Stall“ und „Sex im Kopf“ mit der Zeit.

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