Die Ärzte :: Jazz Ist Anders
Sie können es einfach gut: Wieder Feines von Deutschlands kompetentester Punkrockpopband (der Welt).
Ein neues Ärzte-Album, neues wechselseitiges Kopfschütteln des Rezensenten und der Kollegen – wie kann man diese Band nur so unter- bzw. überschätzen? Und die alte Frage: Ist das nun ihr letztes Album? Nicht allein das pathetisch angewehte Farin-Urlaub-Doppel „Himmelblau und „Vorbei ist vorbei“ (nicht die besten Stücke hier), das Jazz Ist Anders klammert, lässt sich diesbezüglich durchaus düster deuten. Ein einjähriges „Sabbatical“ der Musiker voneinander ging dem Album voraus, Selbstsuche als Band, dann Selbermachen.ohne Produzent Uwe Hoffmann. Und – es ist irgendwie alles beim guten Alten. Musikalisch sind die Ärzte wieder über viele Zweifel erhaben – ob sie nun geradeaus punkrocken (wie wieder verstärkt) oder überdreht funkpoppen (im grandios bescheuerten „Deine Freundin [wäre mir zu anstrengend]“), ob sie Breitwand-Rock aufziehen oder 60s-Sound-Mimikri treiben. Melodieführungen, ausgefuchste Backgroundchöre, Detailfreude, Ohrwurmfaktor, Stilvielfalt, harmonische Finessen, der Rock an sich -alles intakt. Es wimmelt vor memorablen Songs. Da ist Farins beeindruckende, tatsächlich gänsehautmachende Märderballade „Nur einen Kuss“, Belas Tiefblick gewährendes „Lied vom Scheitern“ und die treffsichere Abrechnung mit der Raubkopierer-Hexenjagd „Tu das nicht“, da ist Rods famos gereimter (Anti)Drogenrocker „Breit“ und das in der Tat knuffige „Niedliche Liebeslied“. Das kunstvolle Oszillieren der Band zwischen Humor und Ernst ist beispielhaft in der ersten Single „Junge“, deren durchaus anrührendes Potenzial (ist das in der Bridge – „und du warst so ein süßes Kind“ nicht die mitleiderregend hilflose Mutter aus „She’s Leaving Home“?) unter dem (duften) Zombie-Video verschüttgehen dürfte. Als Entschädigung für die wenigen Ausfälle – BelaRods „Die ewige Maitresse“ und Farins „Living Hell“ lassen Schulterzucken – gibt es das auf eine beiliegende E.P. ausgelagerte Triptychon von „selbstreferenziellen“ Songs, Höhepunkt: Rods bombastisches DÄ-Humor-Manifest „Wir sind die Lustigsten“. Was soll man sagen: Wieder ein tolles Album von Deutschlands kompetentester, äh, Punkrockpopband. Von dem man daher wieder hoffen darf, dass es tatsächlich nicht das letzte war.
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