Diverse :: Noise Of Cologne 1
Mark e.V./A-Musik
Wie die Sinustöne in Reihe singen – der etwas andere Electro-Sampler aus Köln.
In Köln hat man sich des eigenen Schaffens traditionell und gerne über Szene-Sampler vergewissert. Die SOUND OF COLOGNE-Reihe, die ELECTRONIC COLOGNE-Zusammenstellung und die Kompakt-Label-Sampler halten heute schon für die Nachwelt fest, wie elektronisch Köln einmal war. Als aktuelles Szene-Manifest versteht sich NOISE OF COLOGNE 1 dagegen nicht, eher als Sammlung musikalischer Forschungsarbeiten im Mikrotonbereich. Der Sampler bietet einen Überblick über das, was im Schatten der Clubs passiert, in den Wohnzimmern und den volldigitalisierten Heimstudios entsteht. Es hat insofern mit „Noise“ zu tun, als ein Großteil dieser Musik aus Geräuschen geboren wurde. Um diese Ausprägungen von „Noise“ genauer zu fassen, darf man Joachim Ody in den Liner Notes folgen, der auf die Anfangsjahre der elektronischen Musik aus Köln, auf Herbert Eimert und Karlheinz Stockhausen verweist, deren Idee es war, „den aus einzelnen Sinustönen zusammengesetzten Parameter Klangfarbe sicher zu kontrollieren und in musikalische Reihenbildungen zu integrieren“. Wie schön die Töne in Reihe singen, kann man in Frank Barknechts Track „Beauty“ hören, der live am Arbeitstisch mitgeschnitten wurde. Barknecht steuert seine Sounds über die Programmiersprache Pure Data, versetzt Klangpartikel in Wallung und arbeitet mit visuellem Feedback. Bei Pirx („High Noon“) bricht Feedback aus der alten Welt der Gitarren in den elektronischen Frieden, das Posaunen-Laptop-Duo Männer mit Motoren generiert mit elektroakustischen Mitteln Soundbilder aus der Magnetresonanztomographie (MRT). Peter Behrendsen komponiert aus Sprachsamples (120 Namen regionaler Winde aus dem Text des chinesischen Philosophen Dschung Tse) ein verwirrendes 13-Spur-Klangschichtspiel. Und Roland Schapperts „Ausgeludert“ müsste man Blixa Bargeld schenken, damit er seine Stimme drüberschickt (ähnlich den Tracks mit Alva Noto auf dem Raster-Noton Label). Darüberhinaus gibt’s eine Rückwärts-Version von Maurice Ravels „Bolero“ und eine beeindruckende Sinfonie aus Sirenentönen. Das Schöne an dieser Zusammenstellung ist, dass sie ein doppeltes Vergnügen erlaubt: NOISE OF COLOGNE 1 kann man als klingenden Erlebnisparcours durchstreifen und später noch einmal in den Worten Joachim Odys entdecken, in den Auflösungen, den Erklärungen der Kompositionstechniken. Der Weg war das Ziel.
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