Hardrock

Covern Sie auch so gern? Selbstverständlich! Wer heute was auf sich hält, kommt einfach nicht umhin, auch einmal die Vorratskammer der Rock-Ahnen zu plündern, um sich dann geeignete Songs zum Covern unter den Nagel zu reißen. Das macht doch schließlich jede Band einmal…

Diese Prozedur hat allerdings einen Haken, wie FIGHT FOR THE ROCK (WEA), das aktuelle Album der amerikanischen Heavies, Savatage, beweist. Gleich zweimal hat man sich beim „klassischen Erbe“ bedient — bei „Day After Day“ von Badfinger und „Wishing Well“ von Free. Die erste Version fällt jedoch, gelinde gesagt, ganz gehörig aus dem metallenen Rahmen. Denn das Pop-Original, von Haus aus locker und flockig, eher beschwingt als brachial, läßt sich nur lückenhaft mit dem mächtigen Sound verbinden.

Beim zweiten gelingt ihnen der Zugriff dagegen schon besser, auch wenn Gary Moores Interpretation auf V1CTIMS OF THE FUTURE immer noch unerreicht bleibt.

Nach diesen Anleihen nun aber zum Wesentlichen, den restlichen acht Songs aus eigener Feder: Hier dominiert die schwere, aber niemals ungelenke Gangart, mit der man sich durch das Dickicht aus eingängigen Melodien, stampfenden Baßläufen, allerhand Breaks und Gitarren-Soli kämpft. (4)

Auch die Schweizer Blüten Krokus versuchen sich auf CHANGE OF ADRESS (Ariola) — – erneut -— an einem Klassiker. Doch was beim Guess Who-Cover „American Woman“ vielleicht noch stach, geht mit Alice Coopers Teenage-Hymne „Schools Out“ gleich gründlich in die Hose. Ohne jeden Zunder und musikalischen Pfeffer spulen Mark Storace, Fernando van Arb, Mark Kohler, Jeff Klaven und Tommy Keiser diesen rebellischen Song herunter.

Das bleibt zum Glück die einzige Panne. Ansonsten zeigt sich die Band eher von einer anderen Seite. Allerlei Sound-Effekte und andere Zutaten aus der Trickkiste des modernen Mixers prägen die Tom Werman-Produktion und zugleich den neuen Krokus-Stil. (3)

Ähnliches trifft auf THRILL OF A LIFETIME (EMI), das zweite Werk von King Kobra, zu. Nur noch unscheinbare Ansätze und -klänge sind vom früheren Drive der Königsschlange geblieben. Schade! Statt dessen setzen Drum-Oldtimer Carmine Appice und seine Blondies mehr und mehr auf das altbekannte Rezept: Pop rules the world. Nicht Hardrock der aggressiven, aber dennoch charmanten Sorte wird hier geboten, sondern allenfalls Breitwand-Rock mit dem „Nur-kein-Risiko-Faktor“. Selten nur bleibt einer der zehn Songs längere Zeit im Ohr haften. (3)

Headbanger vor! Die Finnen mit schwedischem Wohnsitz, OZ, spielen auf. DEZIBEL STORM (RCA) heißt der neueste und bereits vierte Longplayer der Herren Martini. Blade, Foxx. Wolff und Ruffneck. An einen Sturm oder besser noch musikalischen Orkan erinnert auch vieles, was man an Tempo, geballter Power und gradliniger Wucht vorlegt. Doch solche Dauer-Attacken aufs Gehör laufen spätestens dann ins Leere, wenn die stilistische Vielfalt damit nicht Schritt halten kann. Sprich: Den acht Songs plus einem Cover von Sweets „Teenage Rampage“ fehlt es vor allem an Überraschungen und der nötigen Spannung. Immer nur drauf ist eben zu wenig, um im internationalen Orchester der Metal-Newcomer ein gewichtiges Wort mitzureden. Beim nächsten Mal wird’s schon. Noch (3)

Der absolute Highlight des Monats: Europe und THE FINAL COUNTDOWN (CBS)! Es ist schon beachtlich, wie sich die jungen Schweden unaufhörlich gesteigert haben, und längst zu den heißesten Anwärtern auf den Thron der europäischen Hardrock-Band zählen.

Die insgesamt zehn Songs lassen die Nadel jedenfalls kaum zur Ruhe kommen. Quicklebendige Melodien, mit Schmiß und Sinn für das Wechselhafte arrangiert, perlen aus den Boxen und ziehen den Hörer in ihren Bann. Das beginnt mit dem Titelsong, „The Final Countdown“, eine Mischung aus Bombast und Dynamik, zieht sich über die Ballade mit Tiefgang, „Carrie“, bis hin zu dem schon vor geraumer Zeit nur in der Heimat veröffentlichten Rocker, „On The Loose“. Namentlich Joey Tempests ausdrucksstarker Gesang und die Michael Schenker-Gitarre von John Norum krönen die große Leistung. (5)