Hilary Woods
NIGHT CRIÚ
Sacred Bones/Cargo (VÖ: 31.10.)
In Hall getränkter, kunstvoller Dream Pop in Vollendung.
Ihren ersten Lebensabschnitt als Musikerin verbrachte Hilary Woods als Bassistin der irischen Post-Britpopband JJ72, die es sich Anfang der Nullerjahre zum Ziel gesetzt hatte, das weinerliche Drama von Starsailor und Keane noch zu toppen. Das zügige Ende nach zwei Alben war abzusehen. Als Solokünstlerin fokussierte sich Woods danach auf eine Musik, die mit der alten Band nichts mehr zu tun hatte.
COLT, ihr Debüt aus dem Jahr 2018, definierte eine Form von Dream Pop im Schwebezustand. Die Platten danach verfeinerten den Ansatz, zuletzt zweimal ohne Gesang. Auf NIGHT CRIÚ (das gälische „criú“ ist der sprachgeschichtliche Ursprung des Wortes „Crew“) fügt die Irin nun alle gewonnenen Erkenntnisse zusammen – und übertrifft alle Erwartungen. Wöchentlich erscheint eine Vielzahl von verhallt-verträumten Nachtmusiken aus den Indie-Bubbles.
Wer in dieser Welle nicht untergehen will, braucht Ideen. Hilary Woods hat davon sehr, sehr viele. Bei „Voce“ sorgen schleppende Beats und Streicher für gespenstische TripHop-Vibes, bei „Faults“ spielt feierlich ein Bläserensemble auf, „Brightly“ bietet Raum für ein virtuos gespieltes Cello, beim letzten Stück „Shelter“ spielen am Ende Streicher auf, als gelte es, ein Hollywood-Drama aus den Fünfzigern zu vertonen. Das Bemerkenswerte: Alle diese Elemente fügen sich ganz selbstverständlich in Woods Kompositionen ein, mit ihrer in Hall getränkten Stimme als verbindendem Element.
Diese Review erschien zuerst im Musikexpress 12/2025.



