Hohle Schönheit – „9 1/2 Wochen“ von Adrian Lyne :: Kinostart: 17. April

Stimmungen, Licht, Design, Atmosphäre und Stil sind, richtig eingesetzt, Zutaten, die einen Film über abfotografiertes Leben zu Kunst erheben. Allerdings muß man auch noch eine Geschichte zu erzählen haben, die für 90 oder 120 Minuten reicht. Ambiente als Selbstzweck ist öde und hohl. Genau diesen Fehler aber macht „Flashdance“-Regisseur Adrian Lyne bei seiner neuen Arbeit, „9 1/2 Wochen“.

Nicht zuletzt die publicityträchtige Meldung, die Freiwillige Selbstkontrolle; Zensurinstanz der Filmwirtschaft, hätten den Film erst nach heftigen Schnitten freigegeben, hat „9 1/2 Wochen“ schon vor dem Start viel Interesse eingebracht. Die Aufregung war umsonst: Selbst im englischen Original war nichts zu entdecken, was —- außer sittenstrengen Klosterfräuleins —- noch jemanden zu schockieren vermag.

Über eine halbe Stunde verbringt Adrian Lvne zum Beispiel damit, die New Yorker Kunsthändlern Elizabeth (Kim Basinger) den Börsenmakler John (Mickey Rourke) kennenlernen zu lassen. Nicht gerade ein ungewöhnlicher Vorgang in einer Acht-Millionen-Stadt. Die nächste Stunde vergeht mit blutleeren Dialogen und diversen Bums-Nummern. Dabei offenbart Mickey eine kleine, sexuelle Macke: Er vögelt gerne in Kirchtürmen, U-Bahnschächten, verbindet seiner Liebsten die Augen oder begießt sie mit Honig. Sie findet’s so toll, daß sie sich nicht einmal mehr auf ihre Arbeit konzentrieren kann. Und dann, in den letzten zehn Minuten, die erstaunliche Wandlung: Elizabeth wird’s zu bunt, sie läßt ihn sitzen. Schnitt, Abspann. Verwirrung. Soll’s das schon gewesen sein?

In der Tat. Der Strudel der Leidenschaft ist bei Adrian Lyne etwa so mitreißend wie der Quirl ablaufenden Wassers in der heimischen Badewanne. Wunderschöne Bilder bestimmen „9 1/2 Wochen“. Hübsche Menschen (ja, ja, Frau Basinger sieht toll aus und Herr Rourke auch), tolle Wohnungen, elegante Büros, sogar die verregneten U-Bahnschächte wirken edel. Yuppies Traum. Designer-Schauspieler mit Designer-Jobs und Designer-Klamotten wohnen in Designer-Appartements und machen Designer-Sex.

Lyne hat seinem Film eine gnadenlose, eiskalte Werbeästhetik gegeben, die seine Herkunft dokumentiert, die schon in „Flashdance“ spürbar war und die ihn jetzt der Lächerlichkeit preisgibt. Wenn John seine halbnackte Liz mit farbenfrohen Leckereien traktiert, während beide vom fahlen Licht des geöffneten Kühlschranks beschienen werden, erinnert das eher an Werbung für Frischhaltefolie als an hemmungslosen Sex. Prüdes Amerika, träume weiter.