Jackie in Silber von Andreas Stichmann

Man ist misstrauisch, wenn im Klappentext das „Deutsche Literaturinstitut Leipzig“ genannt wird, weil übersättigt von den vielen (vermeintlichen) Carver-Klonen, die in den letzten Jahren den Buchmarkt überschwemmen und in ihrer öden Manieriertheit kaum mehr als Überdruß erzeugen. Andreas Stichmanns erster Erzählungsband ist nicht ganz frei von den typischen Sperenzchen, die man möglicherweise dort gelehrt, jedenfalls aber nicht ausgetrieben bekommt; liest man das Buch auf einmal, merkt man ab der zweiten Hälfte, dass einen der Inhalt immer weniger interessiert, man sich immer mehr in den originell gemeinten Sprachlichkeiten verstrickt. Der entscheidende Unterschied ist aber, dass viele dieser Elemente tatsächlich originell und ungeheuer bildhaft sind und Stichmann wirklich was zu erzählen hat in seinen elegisch-melancholischen, manchmal zweideutig witzigen Miniaturen aus dem Leben im urbanen Niemandsland, in den Randgebieten der kapitalistischen Endzeitzivilisation, die auch vor sexueller Drastik nicht zurückschrecken, dabei aber stilistisch auf hohem Niveau bleiben. In einigen Geschichten passiert viel, ohne dass man das Gefühl hätte, es passiere überhaupt was außer melancholischer Erstarrung, in anderen ist es umgekehrt. Ein wirkliches Meisterwerk ist „Alleinstehende Herren“, wo Glück und Verzweiflung der Ein-und Mehrsamkeit des modernen Singularlebens so perfekt dargestellt sind, dass man sie beim Lesen unmittelbar und körperlich fühlt.

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