John Spencer – Now I Got Worry

John Spencer. Der Mann ist echt wie Bourbon. Reift heran, verliert nie seine Ehrlichkeit und Schlichtheit und ist denen, die an ihn gewohnt sind, lieb und teuer. John Spencer schenkt weder seiner Musik noch seinen Zuhörern irgendetwas und verschönert keinen seiner Songs mit netten Artigkeiten und wolkigen Wohlgefälligkeiten. Stattdessen bedrängt er seine Melodien ununterbrochen mit fiesen Crash-Tests, rast wie ein Geisterfahrer durch angedeutete R&B- oder Rock’n’Roll-Schemen und legt sich mit kreischender Robustheit in waghalsige Song-Kurven. Grundsätzlich erinnert Spencers Arbeitsweise ein wenig an frühe Sonic Youth-Produkte: Er bündelt seine Songs in relativ schlichten Gitarrenriffs und läßt um diesen Mittelpunkt herum ständig kleine und große Sound-Protuperanzen explodieren. Dabei entspringt diese Gnadenlosigkeit im Umgang mit seinem Material nicht mal dem Willen zur Zerstörung zu Tode gedaddelter Rock’n’Roll-Stereotypen, sondern einzig und allein der puren Lust am Musizieren, ganz wurst, was letztlich dabei rauskommt. Und das macht ziemlich großen Spaß: Spencer, der uns früher mit den giftigen New Yorker Noise-Spezialisten Pussy Galore die Gehörknöchelchen rebellisch machte und danach in seinem Trio-Projekt namens Blues Explosion anfing, die Wurzeln des Rock kleingeschnitten zurück ans Tageslicht zu holen, führt uns auf seinem Solo-Album NOW I GOT WORRY ins Land des ungebremsten Dahin-Rockens. Zuweilen erinnert das sogar an die kraftvollsten Tage eines Tom Waits, meistens aber mindestens an Größen wie Howe Gelb. Aber, bittschön: Die Wunderwelt der Spencer’schen Töne ist weiterhin durchsetzt mit Klapperschlangengeklapper, gallebitteren Wahrheiten über das Zerstörungswerk des Lebens und anfallartigen, wutschnaubenden Lärm-Kaskaden. John Spencer bleibt eben echt wie Bourbon, und ist letztlich bei anhaltend zügigem Genuß ebenso toxisch. Wohl bekomm’s.