Kenny Loggins – Nightwatch

Kenny Loggins, die eine Hälfte des erfolgreichen Duos Loggins & Messina, hat sich freigeschwommen. Derzeit tourt er mit seiner eigenen Band durch ausschließlich ausverkaufte Hallen und Arenen in den USA. Zu dieser Tour kam sein zweites Soloalbum „Nightwatch“ in die Läden. Und spätestens auf diesem AJbum zeigt Kenny, daß er es ohne sein Pendant genausogut kann. Seine Musik hat zwar nicht mehr so viel Easy Listening Flair wie früher, dafür tendiert Loggins jetzt mehr zum Experimentellen. Nicht ganz unschuldig dabei dürfte sein Produzent Bob James sein, der sonst eigentlich mehr mit der Materie Jazz verbunden ist.

Das Titelstück ist ein fast achtminütiges Klanggemälde von verschiedenen Keyboards und Synthesizern, mit einer durchgehenden Basslinie, der eine hin und wieder eingeworfene Gitarre die Farbtupfer aufsetzt. Würde Kenny Loggins nicht klar und messerscharf darüber singen, könnte man dieses Stück unter avantgardistischen Jazz einordnen. „Easy Driver“ geht wieder zurück in die swingende Rock ’n’Roll-Realität. Bei „Down’n‘ Dirty“ schwärmt Kenny musikalisch von alten Zeiten, „Down In The Boondocks“ von Joe South ist Country-Blues erster Güte mit einem Schuß Rock.

Seite 2 beginnt mit dem Single-Hit der LP. Kenny Loggins singt in „Whenever I Call You Friend“ mit Fleetwood Mac-Sängerin Stevie Nicks ein bezauberndes Duo, das nicht mehr aus den Gehörgängen verschwinden will. Ein Ohrwurm mit Niveau! „Wait A Little While“ ist eine verspielte Rockballade, die sich auf akustischen Instrumenten aufbaut. Bob James zauberte in den Hintergrund noch ein paar Mantovani-Geigen, die er sich speziell hier hätte sparen können. Bei „What A Fool Believes“ verliert sich Kenny in einem Anflug von Reggae, der sich dann doch als Two-Beat entpuppt. „Somebody Knows“ ist wieder Rock in Hochform, und das sechsminütige Finale „Angelique“ ist ähnlich aufgebaut wie das Titelstück.

Insgesamt ist „Nightwatch“ eine reife Platte eines hervorragenden Sängers und Komponisten. Es fehlt lediglich der rote Faden.