King Britt – King Britt Presents Sister – Gertrude Morgan

Eine erste Idee davon, wie diese umfängliche Remixarbeit wohl klingen würde, konnte man bei Moby und der Eröffnung seines ’99er Play-Albums einholen: „Honey“, Blaupause für Electro-Blues-Crossover mit Gospel-Sample. Die Delta-Blues-Gesänge, die der erklärte Christ Moby damals zum Ausgangspunkt für sein Album nahm, entstammten den Field Recordings des Ethnologen Alan Lomax. Das neue King-Britt-Album hat durchaus etwas damit zu tun. Sister Gertrude Morgan (1900-1980) war eine überzeugte Missionarin. „eine Braut Christi“ in ihren eigenen Worten. Ihre Gesänge und Gebete schepperten im Megafon-Sound jahrzehntelang durch die Strafien von New Orleans, ihre Gemälde wurden von den großen Folk-Art-Museen Amerikas ausgestellt. Ein einziges Gospel-Album (Lets Make A Record), 1970 wahrscheinlich in ihrem eigenen Haus aufgenommen, verschaffte der Predigerin im weifien Gewand den Eintrag in die Pop-Annalen. Gottgeweihter Minimalismus, die Urgewalt der Spoken Words, Improvisationen über das Neue Testament, hier und da vom Klappern eines Tambourins begleitet. Manchmal verschwimmt die Stimme von Schwester Gertrude jetzt irgendwo im Off, King Britt legt zahlreiche Rhythmus-und Gitarrenschichten über die schon fast vergessenen Gospel-Hymnen, er nimmt die Lap Steel ins Gebet. In der Voodoo-Version von „Power“ zermalmt der DJ die Power des Originals in Feedback und röhrenden Blues-Klischees. Erst das „Hallelujah, Hallelujah“ von Sister Gertrude bringt die Kirche wieder ins Dorf. Aber da ist es fast zu spät. Die eine Hälfte dieser Tracks braucht kein Mensch, die andere ist passabel, am Ende gelingt King Britt mit „New World In My View“ ein karges Meisterstück, er trägt Sister Gertrudes Vision von der neuen Welt mit Chor ms Kirchenschiff. Ob Moby mehr Mut zum „Weniger“ aufgebracht hätte, ich bezweifle es fast. VÖ: 4.10. 3

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