Zur Jahrtausendwende schon mal geplant, aber von der Erbengemeinschaft Klaus Kinkis verhindert, liegt der mythenumrankte Live-Mitschnitt Jesus Christus Erlöser nach jahrzehntelangem Archivaufenthalt nun offiziell als 2-CD-Set vor. Ein ebenso spannnendes wie faszinierendes Ereignis. 1971 entschloss sich der damals 45-jährige deutsche Schauspieler Klaus Kinski nach knapp zehnjähriger Bühnenabstinenz mit der One-Man-Show „Jesus Christus- Erlöser“ zu einem Comeback in jenem Metier, das ihn einst populär machte: Rezitationen. Kinskis Versuch, das Neue Testament im zeitgemäßen Gewände zu interpretieren, war schon einmal Jahre zuvor an bornierten Kulturpolitikern und am vehementen Veto der kirchlichen Instanzen gescheitert. Doch nach der militant-radikalen 68er-Revolution hing kein Tabu hoch genug, um nicht auf den Boden derTatsachen gezerrt zu werden. Am 20. November 1971 ging in der Berliner Deutschlandhalle die Premiere des Spektakels über die Bühne. Ursprünglich mit der musikalischen Unterstützung der Nürnberger Polit-Rockband Ihre Kinder-doch die warf nach einer Woche Proben genervt das Handtuch. Edelhippie Kinski spielte im lila Samtanzug schließlich solo, erzählte die Geschichte vom verfemten Nazarener wie einen aktuellen Nachrichtenreport zur Baader-Meinhof-Rasterfahndung. Vor mehr als 3500 Menschen im Saal zog der langhaarige Kinski sämtliche Register-nicht alle waren Anhänger des zügellosen Mimen. Einige linksradikale Randalierer störten die Aufführung, trieben ihn zur Rage: „Scheißsgesindel“ und „Halt’s Maul, du dumme Sau!“, entgegnete der Streitbare wutentbrannt auf Unterbrechungen und verließ die Bühne in Richtung Garderobe-nicht zum letzten Mal. Ganz Rock’n’Roll-Diva, kehrte Kinski immer wieder zurück. Weit nach Mitternacht schließlich fand die Vorstellung vor rund 300 Ausharrenden doch noch statt. Aus der geplanten 100-Städte-Tournee wurde allerdings nichts. Nach einem weiteren, komplett störungsfreien Auftritt in Düsseldorf war der Veranstalter pleite. Kinski zog sich zurück und randalierte fortan nur noch in TV-Talk-Shows.

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