Königreich der Himmel von Ridley Scott :: Götterdämmerung revisited

Was ist es nur, das das neue Historienepos von Ridley Scott von, sagen wir mal, Wolfgang Petersens TROJA unterscheidet? Beide haben ein Budget von ca. 150 Millionen Dollar, beide sind handwerklich makellos umgesetzt, beide greifen auf alle möglichen technischen Tricks zurück. Und doch wirkt TROjA im Vergleich farblos, leblos, ideenlos. Die einfache Antwort wäre: Petersen ist ein Handwerker, Scott ein Visionär mit sensationellem Auge. Aber das wäre nur die halbe Wahrheit. Tatsächlich sind wohl beide Projekte bis zum tatsächlichen Dreh identisch verlaufen: perfekt durchgeplant. Aber wo Petersen dann den Plan durchzieht und dem Zufall keine Chance gibt, sucht Scott förmlich nach dem einen Moment, dem einen Bild, der einen Bewegung, die spontan und ungeplant ist, und saugt sich daran fest, während das Geplante weiterhin abläuft, aber bisweilen in den Hintergrund tritt. Das Ergebnis ist, daß in TROJA jede Szene von vornherein zu wissen scheint, wie sie ausgeht, während Scotts Szenen leben, sich entfalten, sich selbst zu überraschen scheinen. Kurz: KÖNIGREICH DER HIMMEL ist nach Scotts GLADIATOR, der den Epen-Boom vor fünf Jahren auslöste, endlich wieder ein Monumentalfilm, der fesselt, überwältigt, involviert. Auch weil seine Geschichte über einen jungen Schmied, der sich in der Schlacht von Jerusalem 1187 beweisen muß, ein Thema hat, das unter die Haut geht – immerhin spielt er zu der Zeit zwischen dem Zweiten und Dritten Kreuzzug, in dem Christen und Moslems allen Intrigen zum Trotz eine gemeinsame Lebensbasis fanden. Vielleicht auch eine Antwort Scotts auf den Vorwurf, sein BLACK HAWK DOWN habe den Somalia-Konflikt einseitig wiedergegeben und die Moslems als gesichtslose Masse dargestellt. Abgesehen davon, daß das Unfug ist (es ist ja gerade einer der Angelpunkte des Films, daß der Gegner in einer kriegerischen Auseinandersetzung gesichtslos ist), lebt KÖNIGREICH DER HIMMEL nicht nur von überwältigenden Schlachtenszenen und noch überwältigenderen Reden über Ritter- und Heldentum, sondern auch von einer Dringlichkeit, die Historienfilmen zumeist abgeht. Ach ja, Orlando Bloom ist prima in der Hauptrolle. Und Eva Green hat die unglaublichste Leinwandpräsenz. Himmlisch, königlich.

Start: 5.5.

www.apple.com/trailers/fox/kingdomofheaven Mit: Orlando Bloom, Eva Green, Liam Neeson u.a.