Kreidler
EARLY RECORDINGS 1994 -1995
Tapete (VÖ: 17.10.)
15 Frühwerke der Düsseldorfer Band: Das Ertasten in Rock-Räumen, die Elektronik im Wartestand.
Der Düsseldorfer Band Kreidler hätte wohl auch eine hübsche Jazzkarriere winken können, das ist jedenfalls der Eindruck, der sich beim Hören des Tracks „Im Betrieb (IV)“ aufdrängt. Die Band produziert eine Art FusionLoop – ein zeitloses Stück Mood Music, das nur noch einen Sampler mit artverwandten Beiträgen sucht. Alle wunderbaren Verwüstungen von Punk, Postpunk und Achtziger-Jahre-Pop waren in diesem Moment Geschichte, aber in den Kunsthochschulen und Universitäten dieses Landes strebten diese Typen nach vorne und nach draußen, die Aufbruch noch einmal neu für sich entdecken wollten, in diesem Fall Thomas Klein, Andreas Reihse und Stefan Schneider sowie Detlef Weinrich aka DJ Sport.
Das Longplay-Debüt RIVA (1994), aufgenommen auf einem 4-Track-Tape-Recorder, nahm deutliche Anleihen bei Krautrock und Soundtrack-Ästhetik, es spielte mit Spoken Words und bezog sich auf eine junge literarische Szene, in der sich auch die politischen Einflüsse der Band verorten lassen. Tracks wie „Beginn/Drücken“ und „Cafe dello Sport“ markieren das Ertasten in schematischen Rock-Räumen, die Elektronik scheint im Nebenraum zu warten.
Im Track „Boccia“, zuerst auf dem Mini-Album SPORT des Kölner Labels Finlayson veröffentlicht, lugt sie kurz raus, ein Hallo von der Homerecording-Disco. Die 15 hier zusammengetragenen Stücke aus den frühen Kreidler-Jahren besitzen allesamt den Charme einer hausgemachten Intensität und manchmal ungelenken Klarheit. Die Strukturen beginnen gerade zu tanzen. Und mit WEEKEND 1996 begann die Reise an einen anderen Ort, aber das ist eine neue Geschichte für einen neuen Tag.
Diese Review erschien zuerst im Musikexpress 11/2025.



