Mein erster Sanyo :: von Christian Casser (Edition Tiamat, 160 Seiten, 26 DM)

DER SCHWEIZER HORNBY MEIN ERSTER SANYO

von Christian Casser

EDITION TIAMAT, 160 SEITEN, DM 26.

Kann ich mit Popmusik ein Mädchen rumkriegen? Soll ich einer geordneten Plattensammlung den Vorzug geben oder einer ordentlichen Beziehung? Wie verberge ich am besten peinliche Geschmacksverirrungen? Ist es normal, in buchhalterischer Kleinkariertheit Ausgaben für Tonträger auf Heller und Pfennig aufzuschreiben, um den theoretischen Durchschnittspreis zu errechnen? Persönliche Hitlisten in schwarzen Plastikringbüchern zu führen? Fragen, denen sich der Schweizer Radioredakteur und DJ Christian Gasser widmet. Amüsant und schwarzhumong beschreibt er seine Laufbahn als Platten-Nerd von den Anfängen in den Siebzigern (Sweet!) bis heute (Sepultura!).“lm Leben des jungen Menschen ist die Wahl eines Idols ein Schritt von nicht zu unterschätzender Tragweite“, findet Gasser. Womit er völlig Recht hat, denn Entscheidungen wie „Sweet oder Bay City Rollers“ können ein junges Leben in der Tat entscheidend prägen. Schade nur, dass Gasser sich allzu selbstverliebt auf die Rolle des Outlaws einschiesst, der lieber Platten nach Bestellnummern sortiert, als sich der Erforschung des weiblichen Innenlebens eines Fruit Of The Loom-Sweatshirts zu widmen. Wenn er dann auch noch seine Tracklisting-Vorschläge zum ultimativen Trennungstape vom Stapel lässt, weiss man, woher der Wind weht: Christian Gasser hat zu oft Nick Hornby gelesen. Trotzdem: unterhaltsam.

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