Morrissey :: Southpaw Grammar

Indiepop: revidierte Ausgabe eines umstrittenen Meisterwerks. Authentizitätsfanatiker – unter Morrisseyisten ebenso zahlreich vertreten wie die meisten anderen musikphilologischen Übertreibungsschulen – werden heulen: Wie schön und schlüssig war es, sich nach dem emotionalen Stahlgewitter von „The Tcachers Are Afraid Of The Pupils“ hineinsinken zu lassen ins warme Akkordschaumbad von „Reader Meet Author“, wie logisch, auf die Essenz reduziert und dramaturgisch genial war der ganze Monolith von einem Album, der 1995, von UK-Fans auf Platz vier gekauft, von Kritikern vernichtet, Mornsseys gerade erst (mit VAUXHAU. AND I) erspielten Ruf als doch irgendwie zugänglicher Gegenwarts-(Brit)popper auf zehn Jahre ruinierte. Jetzt sind aus acht Tracks zwölf geworden (drei Outtakes, davon einer aus YOUK ARSE-NAL-Zeiten, plus eine B-Seite), in komplett anderer Reihenfolge, nicht einmal das Cover-Statement – Teil der Strategie des Verschwindens des Künstlers hinter seinem Werk – durfte bestehen bleiben. So ist SOITHPAWGRAMMAR, das bis heute umstrittenste, enigmatischstc und gewagteste Morrissey-Album, ein anderes, freilich. Aber gerade deswegen interessant. Die hypnotische Monotonie der Härte bricht das luftige, an die Smiths erinnernde „Honey, You Know Where To Find Me“, das im ersten Take hingeworfene „Fantastic Bird“ wirkt wie ein kreatives Augenzwinkern vordem strapaziösen 18-Minuten-Labyrinth von „The Operation“ und „The Teachers …“, und „Nobody Loves You“, einer der schönsten Popsongs aller Zeiten, verliert als Finale wenig von seinem Glanz. Ob das alles so herum stimmt, trägt, funktioniert, ist (für uns Authentizitätsfanatiker) Gewöhnungssache; immerhin: Zugänglicher ist das Album nicht geworden, es erfüllt weiterhin die Maximalforderungen, die Morrissey in seinen überraschend offenen und mitteilsamen, hochpoetischen „Tagebüchern“ im Booklet unnachahmlich scharf formuliert. www.morissey-solo.com