Múm – Go Go Smear The Poison Ivy
Ihr Debütalbum war, man kann es nicht anders sagen, pure Magie: Yesterday Was Dramatic, Today Is Okay erkundete eine weitere Spielart elektronischer Musik, als die elektronische Musik als solche in all ihren Spielarten längst erschöpft schien. Da blubberte und pluckerte und klopfte und raschelte und widerhakte es aufs Allerniedlichste aus dem Laptop, und das Liebliche verband sich mit dem Tieftraurigen in frei aufatmenden Melodien. Ein Album später schon, bei Finally We Are No One, da war Sense, da trennten sich die Geister, da hob an und dominierte: der Gesang der Kristin Vlatysdottir, den manche ganz zauberhaft fanden. Andere, zu denen auch der Autor dieser Zeilen zählt, machte das kapriziös hingehauchte Kleinmädchengepiepse nachgerade wahnsinnig. Müm? Mumpitz! Leider. Nun aber ist das kleine Mädchen schon 2002 ausgestiegen und hat jetzt endlich – gottlob! – sein Schwesterchen mitgenommen, womit die Gruppe wieder auf das Gründungsduo aus Gunnar Örn Tynes und Örvar Doreyjarson Smarason reduziert wäre, was ein Gewinn ist. Unter anderem deshalb, weil das Kollektiv mit fünf Gastmusikern gleichzeitig auf eine beachtliche Größe angewachsen ist. Experimentelle Musik unter ebenbürtiger Verwendung von Computern und authentischen, wenngleich kräftigzurechtgesampleten Klängenwar immer die Stärke von Múm. Auf Go Go Smear The Poison Ivy ist das instrumentale Geflecht dichter denn je, und auch das fröhliche Pluckern ist wieder da. Für Widerhaken sorgen Songtitel wie „They Made Frogs Smoke ‚Til They Exploded“, jaja, die dummen Tierquäler. Dafür hält sich die Qual, piepsigen Tagebuchvertonungen lauschen zu müssen, diesmal in erfreulich engen Grenzen. Immer dann, wenn’s allzu flauschig und fluffig und damit nichtig zu werden droht, kommt wieder so eine kleine verdichtete Idee um die Ecke und betört, begeistert manchmal sogar. Wer jahrelang dachte, diese Musik brauche keinerlei Gesang, der wird hier seine Meinung nicht ändern. Aber sich wenigstens ohne größere Schmerzen anhören können, wohin die Reise einmal gehen könnte. Es bleibt dabei: Yesterday was dramatic, today is nur noch okay, aber manchmal reicht das ja auch.
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