Ougenweide – Ungezwungen

Ihre große Chance, einem grösseren Publikum bekannt zu werden, erhielten Ougenweide unlängst, als sie mehrere Folgen der TV-Serie „Dokumente deutschen Daseins“ mit zeitgenössischen Liedern aus den Bauernkriegen, dem Dreißigjährigen Krieg und Soldatenliedern aus der Ära des preussischen Aufstiegs illustrierten. Gleichzeitig wurde Ougenweide von namhaften Historikern ein glänzendes Zeugnis ausgestellt: die Gruppe bemühe sich in musikalischer und textlicher Hinsicht um Autentizität. Daß dies zum Beispiel bei mittelhochdeutschen Minne- und Klageliedern nicht in museale Langeweile umschlägt, belegt das von Achim Reichel produzierte Live-Doppelalbum „Ungezwungen“. Wie man hört, beherrschen die Musiker nicht nur Gitarren, Schlagzeug und Bass virtuos, sondern auch Laute, Mandoline, Oboe, Blockflöten, Xylophon, Drehleier und allerlei eigentümliche Perkussionsinstrumente. Sogar Kesselpauken kommen zum Einsatz, die den unnachahmlichen „Spielmann-Sound“ dieser Gruppe bestimmen.Fahrenden Musikanten des Spätmittelalters gleich, singen Ougenweide vom Schlemihl, der dem Teufel seinen Schatten, das heißt seine Seele verkauft, vom Fuchs, der dem Federvieh das Fürchten lehrt, aber auch von Till Eugenspiegel der die Gelehrten foppt. („Till und die Gelehrten“) – ein Lied, das Minne Graw, die Sängerin der Gruppe, selbst verfaßt hat. Bei überlieferten weltlichen Texten aus früherer Zeit haben sich Ougenweide phantasievolle Arrangements einfallen lassen, die live durch (nicht immer ganz glückliche) Improvisationen angereichert werden. Besonders eindrucksvpll ist Minne Graws und Stefan Wulffs zweistimmiger Gesang bei den strengen und nachdenklichen Liedern des Walther von der Vogelweide („Ouwe wie jaemerliche“ und „Swa guoter Hände würzen sint“)