Pavement

Wowee Zowee

Asphalt ist eine harte Angelegenheit, von der Generationen aufgeschlagener Skateboarder-Knie ein Klagelied zu singen wissen. Sonne und Hitze mögen zwar die Oberfläche aufweichen und ihr eine gummiartig-nachgiebige Konsistenz verleihen – das Pflaster darunter ist dennoch beinhart. Ob die Mannen von Pavement bei der Suche nach einem Bandnamen über derlei Befindlichkeiten philosophiert haben, bleibt fraglich. Fest steht, daß ihr Sound die gleichen Eigenschaften aufweist wie der in der Musikgeschichte oft besungene Straßenbelag. Denn selbst zarteste Klänge aus der Pavement-Produktion hinterlassen mitunter schrundige Köpfe und blutende Herzen. Schuld daran ist Mastermind Steve Malkmus: Auf seinem dritten Studioalbum liefert der Songwriter, Gitarrist und Sänger neue Beweise für die These, daß ein echter Misanthrop nur einer sein kann, der die Menschen zu sehr liebt. Seine Texte voll zynischem Intellekt stehen gerade noch im krassen Gegensatz zu steinerweichend schönen Melodien (‚Now Old Sounds‘), um sich gleich darauf als adäquates I-Tüpfelchen für holprige Punk-Hymnen (‚Flux Rad‘) oder kompliziert ausgetüftelte Alternative-Kracher (‚Genna Gennaiation‘) zu erweisen. Daß Malkmus mit den Gegebenheiten der Welt auf Kriegsfuß steht, ist dabei unüberhörbar. Songzeilen wie „I can’t enjoy myself, you can’t enjoy yourself (‚We Dance‘) wirken wie eine resignierte Bestandsaufnahme der Grundstimmung der 90er jähre, wie ein sarkastischer Nachhall auf die Message der Rolling Stones, die einst mit ‚(I can get no) Satisfaction‘ frech und optimistisch ihr Recht auf Sex, Drugs und Rock’n’Roll einforderten. Grungige Klänge, die dem laufenden Jahrzehnt bislang ihren nachhaltigsten Stempel aufdrückten, scheut Malkmus denn auch wie der Teufel das Weihwasser. Er schreibt der Dekade einen eigenen, ganz intimen Soundtrack auf den Leib: Seine Songs übernehmen im musikalischen Universum die Rolle der unergründlichen Schwarzen Löcher ausgebrannte Sterne, die dennoch unweigerlich alles anziehen und verschlingen. Introvertiert, ja fast autistisch wimmert, winselt und schreit sich Malkmus auf WOWEE ZOWEE durch 17 Tracks, die im Vergleich zu Ohrwürmern wie ‚Range Life‘ aus dem Vorgänger-Album CROOKED RAIN, CROOKED RAIN (1994) allesamt deutlich sperriger wirken und sich in ihrer abgehobenen Komplexität beinahe jeder Kritik entziehen. Mit der aktuellen CD erwerben Pavement endgültig den Status einer Band, die nach nur drei Alben in Sachen Abgeklärtheit und Kreativität bereits weit über den Dingen steht und deren Werk sich meilenweit von trendigen Massenproduktionen der Alternative-Szene abhebt.