Pet Shop Boys – Release :: Schaumschläger

Neil Tennant und Chris Lowe sind schon komische Konstanten. Seit fünfzehn Jahren sind sie beiden distinguierten Visagen jedem ein Begriff, der ein Radio einzuschalten weiß. Gehasst vom Rock- und geliebt vom toleranten Pop-Publikum sind die Pet Shop Boys über die Jahre zur einzigen Bubblegum-Band geworden, zu „der man sich notfalls ohne Gesichtsverlust bekennen darf. Was womöglich an der schieren Ausdauer des Duos liegt. RELEASE ist erneut von solch schmelzender Lust an der Melodie bestimmt, dass Hits wie „Suburbia“, „Go West“, „Rent“ oder „What Have I Done To Deserve This“ wie ein Subtext unter dem neuen Material liegen. Ein Musical haben sie inzwischen auf die Bühnenbretter gebracht, zuletzt ein opulentes Discobrett wie NIGHTLIFE hinterhergeschoben, aber RELEASE straft dann doch alle Skeptiker Lügen, lässt Freunde musikalischer Zuckerwatte erneut aufhorchen. Ihr bewährtes Rezept denkbar simpel aufgeschäumter Songstrukturen haben die Pet Shop Boys diesmal um eine Prise Rock erweitert – in Pet Shop Boys-Manier, versteht sich, mit gesampelten Gitarren, bis zu zwölf an der Zahl. So klingt schon : der Refrain der ersten Single, „Home And Dry“, wie die butterweiche Coverversion – eines unveröffentlichten Oasis-Stückes. Umgekehrt wäre den Gallagher-Brüdern zu wünschen, dass ihnen eines Tages ein Ohrwurm wie „I Get Along“ aus der Feder fließen würde. Dass der Tunte das Leder-Outfit bestens steht, beweist vor allem das epische „Love Is A Catastrophe“. Hier trifft der Wille zum Pet Shop Boys-Schwulst auf das pathetische Potenzial des Rock. Natürlich fiepst wieder der Computer, blubbert der Sequenzer und klingelt das Glöckchen. Als ganz besonderer Leckerbissen aber für jene, die gerne mal genauer hinhören, stellt sich bald „The Night I Fell In Love“ heraus. Getragen von einem angedeuteten HipHop-Beat geht es hier um einen Jungen, der ein Eminem-Konzert besucht, mit dem berüchtigten Schwulenhasser eine heiße Nacht verbringt („He had a video camera“!] und sich morgens Eminems Geplauder über „Homies“ und „Dr. Dre“ anhören darf. Eleganter wurde im Pop nie eine Ohrfeige ausgeteilt. Und allein weil“ sie das plötzlich tun, beißen und treten, lohnt sich RELEASE auch für jene, die bisher kein Ohr für die harmloseren Disco-Hymnen der Pet Shop Boys übrig hatten.

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