Peter Marfay – Ich Will Leben

Wie läßt sich eigentlich der Unterschied zwischen schlagernahem Rock und rockorientiertem Schlager definieren? Hört man Udo Lindenberg mit Klein-Kravetz und „Wozu sind Kriege da?“ auf die Tränendrüsen der Nation drücken und wird wenig später mit Maffays „Lieber Gott“ konfrontiert, dann ist man geneigt festzustellen: Die ehedem schon fließenden Grenzen, wo sind sie geblieben??? „Und auch mal neue Wege gehen“ (aus „Dafür“) -Maffay sind die Zeichen der Zeit auch nicht entgangen, wie er uns mit ICH WILL LEBEN klarzumachen versucht. Zusammen mit seinen zahlreichen Co-Autoren, darunter Meinunger (u.a. auch für Jürgen Drews) und Kunze (Silver Convention) packt er z.B. in zwei Songs („Ihr Nicht“, „Dafür“) so ziemlich sämtliche Probleme rein, die sich zur Zeit publikumswirksam diskutieren lassen: Kriegsangst, Umweltverschmutzung, Robbenabschlachtungen, Sanierung und Häuserkampf, Rassendiskriminierung, Flüchtlingsprobleme … Es gibt offenbar nichts, was Maffay nicht verinnerlicht hat. Und er setzt dem ganzen Dilemma ein „Gemeinsam sind wir stark“ entgegen, wobei gemeinsam auch Er und Sie heißen kann, denn die übliche Schlagertrivialität („Gib mir Sicherheit, das Gefühl, daß wir uns immer lieben. Ich glaub, daß uns dann auch der Tod nicht trennen kann…“) bleibt auch auf ICH WILL LEBEN erhalten. Maffays Aufbegehren („Ich will es wissen, ich bin zu allem bereit“) ist ein Strohfeuer. Durch Anhäufung akuter Probleme auf ’ner LP erreicht man keine Sensibilisierung seines Publikums für wesentliche Einzelaspekte. (Wer schon etwas begriffen hat, wird ja wohl auch kaum zu Maffay gehen) So wird auch weiterhin jeder, der über die Kanaken schimpft, seine Alte zuhaus schlägt und ’nen Rollstuhlfahrer am liebsten in einer geschlossenen Anstalt sehen würde, Maffays Lieder jederzeit gerne mitgröhlen und dennoch nichts verstehen.