Peter Straker – Real Natural Man
Und noch einmal das Ganze von vorne: wer ist Peter Straker? Musicalstar, Schauspieler, extrovertierter Sänger, Entertainer-Chamäleon, Freund von Queen-Sänger Freddy Mercury, Solist auf drei Alben mit Absatzschwierigkeiten, in München bei einem Gastspiel als der „neue Rock-Star zwischen allen Stühlen“ gefeiert. Das ist Peter Straker, der Mischling aus Jamaica mit Wohnsitz London, auch heute noch. Geb es Gott, daß sich dies mit dem neuen Album REAL NATURAL MAN ändert. Denn einer hat dieses Multitalent mit der opernreifen Stimme endlich so weit diszipliniert, daß der Alleskönner diesmal in einem Kostüm bleibt, das zwar stilistisch immer noch voller Gegensätze und theatralischer Accessoires steckt, die als Nebensächlichkeit plötzlich zum Hauptgegenstand werden. Der Mann heißt Mack, war jahrelang Deutschlands sensibelster und verläßlichster Tonmann und ist seit kurzem auch Produzent. Mack hat ohne Unterdrückung Peter Straker aus der Kleinkunst-Kabarett-Ecke geholt, der er mit Vorliebe und Überzeugung Jacques Brei und Brecht/Weill zelebriert, und seine andere Seite, die des nuancenhaften, facettenreichen Rocksängers hervorgeholt.
Die Songs, teils von Strakers Gitarristen Mike Allison, teils mit ihm zusammen oder allein geschrieben, sind so sorgfältig und einfühlsam arrangiert, wie es heute nur noch wenige Rocksänger machen. Und sinnvolle Effekte treten dann auf, wenn Strakers dramatisches Bühnentalent es erfordert. „Late Night Taxi Dancer“, auch als Single ausgekoppelt, ist ein niveauvoller Ohrwurm, der krasse Gegensatz dazu das bös-ironische „Nasty“, wo unterm schwarzen Lederdress die Rocky Horror Picture Show vorblinzelt, während Straker sich in Arienhöhe hochjubelt, „Possessed“ gehört zu den zweideutigsten Balladen, die er so harmlos vorträgt, daß man schnell begreift, daß sie das pure Gegenteil sind, „lt Ain’t Easy“ gleicht im Aufbau den Heavy-Nummern von Queen, allerdings bringt Strakers Stimmspektrum wesentlich mehr Tiefe und weniger Manierismus ein als Mercury, „They’ve Got You Dancing“ ist eine Rock-Musical-Tanznummer auf höchstem Niveau, „IUusions, Confusions“ wiederum wechselt von einem fröhlichen Calypso in einen nachdenklichen Reggae, „Mrs. Warren“ ist eine Dame von zweifelhaftem Charakter, eine schwarze Witwe, die auch Roxy Music oder David Bowic hätten beschreiben können. RF-Al. NATURAL MAN zeigt einer, fürs Vrnyl gebändigten, beeindruckenden Straker, der in keinen gängigen Trend paßt, dabei aber jeden Musikfan, der Ohren besitzt (und vor der Bühne Augen) mit seinem Naturtalent fesseln muß. Noch eine Überlegung am Rande, warum hat sich der exotische, schillernde Persönlichkeiten spezialisierte „Bio’s Bahnhof den Straker noch nicht geholt?
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