Popol Vuh – Sieben Re-Releases
Fabuliert man von den Pionieren deutscher Elektronik, fallen klangvolle Namen wie Kraftwerk, Tangerine Dream und Klaus Schulze. Weniger populär, doch nicht minder kultig: Popol Vuh, benannt nach dem heiligen Buch der Quiche-Indianer. Unter der Ägide des 2001 verstorbenen Multiinstrumentalisten Florian Fricke produzierte das offene Kollektiv seit 1970 nicht weniger als 23 Alben, von denen 19 digital remastert und mit Bonustracks wiederaufgelegt werden. Der Auftakt, AFFENSTUNDE, eine mystische Reise durch eine fremdartige Klanglandschaft in vier Teilen, in deren Mittelpunkt der damals neu auf den Markt gekommene, von Fricke und Frank Fiedler bediente Moog Synthesizer III sowie Holger Trültzsch 1 spannungsgeladene Percussion stehen, sorgte 1971 immerhin für einen Auftritt im legendären Beat Club. „Eine physikalische Schwingungslehre zur Religion“, nannte Fricke kryptisch den Nachfolger IN DEN GÄRTEN PHARAOS – und verlor hernach erst einmal sein Interesse am Knöpfedrehen. Unter ganz anderen Vorzeichen entstand 1972 die sakrale Messe HOSIANNA MANTR. Für Trültzsch und Fiedler kamen Conny Veit (g), Robert Eliscu (Oboe), Klaus Wiese (Tamboura). Die koreanische Sängerin Diong Yun setzte in Titeln wie „Kyrie“, „Segnung“ und „Andacht“ Frickes Gedanken um, „daß Gott hier unten ist, in unserem Tun, Sprechen und Fühlen“.
Ergänzt um den Drummer und Gitarristen Danny Fichelscher entstand ein Jahr später in der Baumburger Stiftskirche das vierte Album SELIGPREISUNG. Jenseits der überkommenen Kirchentradition suchte Fricke „einen Weg, archaische Weisheiten faszinierend zu vermitteln“ und vertonte Teile der Bergpredigt nach dem Matthäus-Evangelium. Die Aufmerksamkeit eines größeren Publikums erreichte Popol Vuh 1974 mit dem stimmig geratenen Soundtrack zu Werner Herzogs Urwalddrama AGUIRRE – DER ZORN GOTTES, der ersten und besten Zusammenarbeit zwischen dem manischen Mimen Klaus Kinski und Regisseur Herzog. Einen ganz anderen Weg schlug das Trio Fricke/Fichelscher/Yun noch im gleichen Jahr ein: EINSJÄGER & SIEBENJÄGER enthält Texte des israelitischen Königs Salomo, eine spartanisch arrangierte Reminiszens an den vorchristlichen Psalmendichter und Weisheitslehrer. Für einen weiteren Soundtrack, Herzogs Remake von Friedrich Wilhelm Murnaus Stummfilmklassiker NOSFERATU [1978], holte sich Fricke neue Inspiration bei den Kurden am Euphrat, im östlichen Himalaya, studierte tibetanischen Gemeinschaftsgesang und entfernte sich im Line-up mit Fichelscher, Eliscu, Alois Gromer (Sitar) und Ted de Jong (Tamboura) noch mehr vom Rockallerlei jener Ära.
www.popolvuh.it/
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