Ray Charles :: Live at Montreux 1997

Bis zu seinem letzten Atemzug am 10. Juni des vergangenen Jahres war Ray Charles voller Tatendrang und in bester Musizierlaune. Daß ihm schon zu Lebzeiten ein Denkmal mit dem Kinofilm „Ray“ gesetzt wurde, machte ihn gleichermaßen stolz wie ein wenig verlegen. Auch wenn Schauspieler Jamie Foxx in der Titelrolle noch einmal mit verblüffender Ähnlichkeit die Jahrhundertfigur Ray Charles porträtierte, so gibt es glücklicherweise noch genügend unveröffentlichtes Originalmaterial, um sich auf DVD von diesem ewigjungen Bühnentier in den Bann ziehen zu lassen. Im feinstem Satin-Zwirn und mit einem knallroten Hemd-Tupfer mischte Ray Charles somit 1997 zum dritten und gleichzeitig letzten Mal das Publikum beim Montreux-Jazz-Festival auf. Zwar nicht vom blitzeblank geputzten Flügel, wie es so einer Show-Größe gebührt hätte. Doch selbst am übersichtlichen E-Piano spielt hier Charles mit seinen 67 Jahren die glänzend aufgelegte und von AI Jackson dirigierte Bigband fast an die Wand. Im musikalischen Zeitraffer läßt Ray Charles so von „Busted“ über „Georgia On My Mind“ bis „Angelina“ seine 40jährige Karriere Revue passieren – ohne nur einmal auf ein Staubkorn zu treten. Dafür präsentiert sich Charles schließlich von Beginn an in einer ausgelassenen Stimmung, bei der sich die komplette Bigband zu übermütigen Einlagen eingeladen fühlt. Im „Scotia Blues“ reißt es die aufreizend swingenden Musiker von den Sitzen, sorgen die Bläserfanfaren in „Smack Dab In The Middle“ für den entsprechenden Glitzer, wenn Charles mit dem Vokal-Quintett The Raelettes auf stimmlich aufreizende Tuchfühlung geht. Es sind genau diese Wechsel aus jungenhaftem Charme und bluesiger Tiefe, die Ray Charles so unwiderstehlich auskostet, daß die eine Stunde Spielzeit wie im Flug vergeht. Schade nur, daß das angekündigte Extra-Feature für diese DVD mit einem Ray Charles-Interview am Ende nur ein leeres Versprechen bleibt.

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