Red Guitars – Slow To Fade

Ums gleich vorwegzunehmen: SLOW TO FADE ist ein famoses Debüt, die Red Guitars eine prächtige Band. Das Quintett wurde 1982 in Hüll gegründet und wird schon heute auf der britischen Insel als eine der wichtigsten Formationen gehandelt. Mit den vier auf dem eigenen Seif Drive-Label veröffentlichten Singles – „Good Technology“, „Fact“, „Steeltown“, „Marimba Jive“ – belegten die Fünf wochenlang die Topposition der Independent-Paraden; hellhörige Discjokkeys wie John Peel und David Jensen luden sie mehrfach zu Radiosessions ein; 1983 wählten die Leser des NME die Guitars zur „best new band“. Und Elvis Costello wagte die Behauptung, „Steeltown“ sei besser als das ganze letzte Bruce Springsteen-Album.

Haben sie all diesen Lorbeer verdient? Antwort: Sie haben! Denn bei den Red Guitars findet man all das. was man in dem blutleeren, glatten, überproduzierten Hochglanz-Pop unserer Tage so schmerzlich vermißt: Gefühl, Naivität, the big beat. Musik und Text, von Sänger Jerry Kidd und Bassist Hallan Lewis geschrieben, sind beeindruckend einfach, erfrischend originell. Will sagen: intelligent und doch körperlich, sentimental und doch nicht kitschig. Da ist z. B. das feine Gitarrengewebe: Stets präsent und doch nie bloße Riff-Kraftmeierei. Reißverschlußartig verzahnen sich Rhythmus und Solostimme. Dialogisch gehen die beiden Gitarristen aufeinander zu, setzen Zäsuren, öffnen Räume oder lassen sich treiben.

„Dive“ erinnert entfernt an die monotone Kunst der frühen Can; „Marimba Jive“ ist ein hüpfender, fröhlicher Two Tone-Tanz und spricht doch von Themen wie Brutalität und Apartheid. „Cloak & Dagger“ und „Crocodile Tears“ gehören in die Love Song-Abteilung. Stichwort: Charme und Humor.

Mein Favorit aus der bravourösen Songkollektion ist das sphärische, sparsam eingerichtete „Sting In The Tale“. Mein Rat: kaufen und selbst hören.