Shellac :: Terraform

Wären alle Musiker wie Steve Albini, so würde das Business deutlich anders aussehen. Es gäbe zum Beispiel so gut wie keine Musikzeitschriften mehr, da nur jene überleben würden, die es sich leisten könnten, all ihre Rezensionsexemplare selbst zu kaufen. Dafür würden kleine Manufakturen für edles Druckwerk und beste Vinylpressungen deutlichen Aufwind erhalten, denn Albini, dieser liebenswerter Eisenkopf, ist ein Vinyl-Fanatiker, ein starrsinniger Vertreter einer Welt, in der es nur um Musik und handwerkliche Qualität geht und in der das Wort „Marketing“ nicht vorkommt. Wie der ehemalige Gitarrist von Big Black und Rapeman diese Strategie finanziell überlebt, ist bekannt: Neben Unmengen kleiner Gitarrenbands produzierte er das letzte Album von Nirvana, IN UTERO, und kürzlich auch die altehrwürdigen Herren Jimmy Page & Robert Plant. Da kann er es sich leisten, mit seiner eigenen Band auf hartem Underground-Kurs zu bleiben. Dementsprechend ist Shellacs zweites Album eine Ausgeburt an Konservatismus und Konsequenz. Keinen Zentimeter in Richtung instrumentaler Öffnung oder gar Pop hat sich das Chicagoer Trio bewegt, das einzige, was sich innerhalb der hermetisch geschlossenen Zelle veränderte, sind die Strukturen. Und das gleich zu Beginn. „Didn’t We Deserve A Look At You The Way You Really Are“ ist als Stück genauso lang, bohrend und eindringlich wie sein Titel – ein nichtendenwollendes monotones Rhythmus-Monster. Derart konditioniert und eingeschüchtert begegnen uns die folgenden abgezirkelten Hardcore-Diamanten fast wie alte Freunde, wie Grüße aus einer vergessenen, besseren Indie-Gitarrenwelt. „There’s more singing on this record“, verlautbart das Begleitblatt als einzige musikbezogene Information. Stimmt. Aber trotzdem ist es ein deutliches Statement gegen Postmoderne, Eklektizismus und Crossover aus dem Herzen einer Stadt, die diese Tendenzen zum großen Teil mit auf den Weg gebracht hat. Und wie schon gesagt: Es ist eine Platte. Vinyl. Die CD wird es wahrscheinlich erst Monate später geben.