Supersilent – 6

Wer sich mit dem ECM-Label beschäftigt weiß, dass dort seit mehr als dreißig Jahren der Begriff „Jazz“ nicht so eng gesehen wird wie anderswo. ECM-Künstler wie Nils Petter Molvaer, Don Cherry, Evan Parker oder Derek Bailey entsprechen auch nicht unbedingt dem Klischee vom nordischen New Age-Sound. Dass ECM Ende der Neunziger damit begonnen hat, das norwegische Experimental-Label Rune Grammofon in den Vertrieb zu nehmen, war das richtige Signal zur richtigen Zeit: Damit erteilten die Labelmacher als kulturelle Instanz der Tatsache offiziell den Segen, dass die Grenzen zwischen U- und E-Musik, Ambient, Jazz, Experimental-Rock und freier Improvisation verwischen. Supersilent, ein Quartett aus Norwegen um Helge Sten alias Deathprod, einem ehemaligen Mitglied von Motorpsycho, gehen nicht nur musikalisch minimalistisch vor: Ihre Alben heißen 1-3 oder 4, die Stücke 4.1. oder 4.7. Kein unnötiger Schnickschnack sollte von der Essenz ablenken, der Musik. Und die verfügt durchaus über die nordische Strenge, die den „regulären“ ECM-Veröffentlichungen immer wieder gerne nachgesagt wird, hat aber auch etwas von der Experimentierlust von Aphex Twin, den frühen elektro-akustischen Arbeiten Klaus Schulzes, vom frei improvisierten Ensemblespiel und Referenzen an traditionelle Jazz-Strukturen. In anderen Worten: Supersilent wagen ein musikalisches Abenteuer in einer Zeit, in der die musikalische Abenteuerlust zunehmend seltener wird. „www.runegrammofon.com