The Beach Boys :: The Pet Sounds Sessions
Mit PET SOUNDS legten die Beach Boys im Sommer 1966 das erste Konzeptalbum der Rockgeschichte vor. Bis dahin bestanden LPs in der Regel aus zwei, drei Hits plus einer Reihe mehr oder weniger überflüssiger Songs, die als Füllmaterial dienten. Ein durchkonzipiertes Werk schien geradezu vermessen, zumal von einer auf Surf-Songs abonnierten Hit-Truppe. Bis heute ist PET SOUNDS mit seinen komplexen Soundstrukturen und zum Teil philosophischen Inhalten eines der wichtigsten und stilprägendsten Alben der Rockhistorie. Unterschiedliche Künstler wie Paul McCartney.John Cale.Tom Petty, David Crosby, Lindsey Buckingham, Linda Ronstadt und Thurston Moore von Sonic Youth fühlen sich bis heute durch PET SOUNDS inspiriert. Regie bei den in Brian Wilsons Heimstudio in monatelanger Tüftelei entstandenen Songs führte neben dem Hausherrn auch der Texter und Co-Produzent Tony Asher. Brian hatte sich nach seinem ersten Nervenzusammenbruch 1965 aus dem strapaziösen Tourstreß ausgeklinkt und wirkte fortan ausschließlich als Komponist, Arrangeur und Produzent der Beach Boys. Sein Refugium, das Studio, wurde zur Mischung aus kosmischen Abenteuerspielplatz und psychiatrischer Praxis, seine Songs zu immer komplizierteren und zunehmend neurotischen Mini-Pop-Sinfonien. Angetrieben durch eine unausgesprochene Rivalität zwischen seinen Beach Boys und den Beatles versuchte er, das Fab Four-Album RUBBER SOUL, vor allem aber seinen Konkurrenten Paul McCartney zu übertreffen. Und dazu stand ihm 1966 neben hochkarätigen Studiomusikern wie der Bassistin Carol Kaye.dem Drummer Hai Blaine und dem Vokalisten Terry Melcher gar ein 23-Mann-Orchester zur Verfügung. Die Beach Boys selbst duldete der Meister indes nur noch für die Gesangsaufnahmen. Und PET SOUNDS brachte die Beatles tatsächlich in Zugzwang, McCartney und Beatles-Produzent George Martin bekannten später, daß SERGEANT PEPPER ohne PET SOUNDS wohl anders ausgefallen wäre. Doch dieser Meilenstein, der sich in den kommenden Jahren zum Kult entwickeln sollte, blieb im Jahre seiner Veröffentlichung verkaufstechnisch weit hinter den Erwartungen zurück. Eine zusätzliche Enttäuschung war für Brian Wilson der Umstand, daß das Tracklisting des Albums nicht seinen Wünschen entsprach. So ersetzte die Plattenfirma Capitol „Good Vibrations“, das Kernstück dieses versponnenen Song-Kaleidoskops, durch „Sloop John B“ – „Good Vibrations“ erschien erst ein Jahr später auf SMILEY SMILE. Heute,drei Dekaden später, wird dem ursprünglichen Konzept mit dem vierteiligen CD-Box Set THE PET SOUNDS SESSIONS Rechnung getragen. Nicht nur, daß das komplexe „Good Vibrations“ in diversen Produktionsstadien enthalten ist – umfangreicher, übersichtlicher und detaillierter wurde die Genesis eines Albumklassikers bis dato wohl nicht dokumentiert. Zwei Dutzend sogenannter Work-In-Progress-Takes inklusive Studioanweisungen von Wilson geben Einblick in die mitunter skurille Arbeitsweise des Genius. Weitere elf Tracks enthalten ausschließlich die originalen Gesangsspuren. Ebenso liegen sämtliche Songs des Albums als reine Instrumental-Versionen vor. Dazu gesellen sich 18 Song-Alternativen mit leicht veränderten Backing-Tracks und mit „I Know There’s An Answer“ (ursprünglich hieß das Stück „Hang On To Your Ego“) der Song, den zu singen sich Mike Love weigerte, weil ihm der Text nicht paßte. Ergänzt wird der knapp fünfstündige Hörmarathon durch den Original Mono Mix sowie die erste echte Stereoabmischung. Als Grundlage der luxuriösen Edition dienten die analogen Mastertapes.die unter Leitung von Brian Wilson sowie Mark Linett und David Leaf im 24 Bit-Analog-Converter aufbereitet und mit dem neuen HDCD-System digital remastert wurden. Verpackt ist das Box Set in edlem Leinen mit zwei beigelegten Booklets: Eines enthält auf 42 Seiten rare Fotos,das andere bietet auf 120 Seiten neben ausführlichen liner Notes auch Interviews mit den einzelnen Beach Boys, Paul McCartney und George Martin. Eine unverzichtbare Fundgrube für jeden Rockarchäologen.
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