The Cure

Seventeen Seconds

Fiction (Universal)

Kaum, daß das erste Album von The Cure THREE IMAGINARY BOYS hier in veränderter Form und mit dem Titel BOYS DONT CRY erschienen ist, wild der deutsche Musikfan schon mit dem zweiten konfrontiert. Das macht nichts, denn Cure-Musik macht süchtig auf mehr. Ich habe SEVENTEEN SECONDS nun mehr als eine Woche lang unter den verschiedensten Umständen gehört, allein und konzentriert, mit Leuten als Hintergrundmusik, im Auto, in der Kneipe, morgens, mittags, abends, entspannt und abgespannt. Sie hat sich kein bißchen abnützt, ganz im Gegenteil. Und die LP eignet sich vorzüglich als Arbeitsplatte, denn die nervöse Ruhe beruhigt und sensiblisiert zugleich die Sinne. Der Sound ist gegenüber der ersten LP noch exzellenter abgemischt, dicht, trotz scharfer Trennung der Instrumente, transparent, sparsam, scharf, der unaufdringliche Gesang immer präsent. Hier vereint sich das Beste von Wire und Talking Heads, eine ernsthafte, aber nie belastende Düsternis, mit fließenden, diffusen Zwielicht-Stimmungen. Was wohl Cures Album so gegenwärtig macht, ohne vordergründig zu sein, ist die Räumlichkeit der Musik, etwa das kaum vernehmbare Stimmengeheul auf dem scheinbaren Instrumentalstück „A Reflection“, der Flüstergesang auf „Three“ zum hypnotischen Wechselspiel von Schlagzeug und Bass, der ökonomische Einsatz von Keyboards und Gitarre, der ein Fürren der Luft erzeugt hier auf „A Forest“ (auch die neue Single) am besten erreicht Durch tausend kahle Bäume scheüu ein fernes Echo zu kommen, verloren und trist, aber dennoch angenehm. The Cure, das heißt Kur, Heilung, Genesung und genau das bewirkt SEVENTEEN SECONDS. Ein Allheilmittel für jegliche Art von Überreizung aber auch Müdigkeit. Zur Therapie täglich mehrmals empfohlen.