The Cure :: The Top / The Head On The Door / Kiss Me Kiss Me Kiss Me
Drei wunderbar(e) wunderliche Wavepop/-rock-Alben aus der Zeit, als es uns mit der untröstlichsten Kapelle der Welt beinahe zu bunt wurde -jetzt also auch als "Deluxe Editions" fällig.
Vor diesem Album, das Robert Smith trotz anderslautender Credits mehr oder weniger alleine aufnahm, wenige Monate nach dem inoffiziellen Ende seiner Band The Cure -THE TOP 4 heißt es -kann man heute noch sitzen und sich am Kopf kratzen. Robert Smith hat mit diesem Album der Ungereimtheit, dem Wust, der Wirrung ein Denkmal im (psychedelischen) Wavepop gesetzt. Die Platte leitet zum einen die Verzweiflung, mit der der Vorgänger PORNOGRAPHY Menschen heute noch in Kiemkrisen stürzen kann, in Groll und Hysterie um („Shake Dog Shake“, „Give Me It“). Smith bleibt aber auch weiterhin verliebt in den Pop, der nur kurz aber hell strahlen muss: „Birdmad Girl“ und die den „Lovecats“ hintendrein drollende Single „The Caterpillar“ sind allerliebst-naive Lieder mit Topfklopfen, spanischen Gitarren, Klimperklavier und Gejohle, aber auch in der grenzwertig intonierten Ballade „Dressing Up“ reißt er einen einfach so hin. Auf der anderen Seite gibt es psychedelische Songmonster, die kreisend Berge, Mäuse, Brummkreisel gebären, dass es einen so ganz großen Spaß nicht bringen will.
Mit THE HEAD ON THE DOOR 5, 5 manifestienen sich The Cure als eine jetzt auch außerhalb von Großbritannien anerkannt wunderliche, erfolgreiche Kapelle. Das Album will sich zwar wieder nicht auf einen festen Stil festlegen lassen, wie es faith und PORNOGRAPHY z.B. fast bis zur Selbstaufgabe getan haben. Aber dank richtiger Band mit richtigem Bandsound demonstrieren The Cure ihren zuweilen wilden aber nicht mehr wirren Abwechslungsreichtum viel geschlossener als noch auf THE TOP. The Cure klopfen, jammern, grooven, schrammein sich durch einen ganzen Koffer mit Souvenirs aus Flamenco-Spanien („The Blood“), Japan bei Nacht („Kyoto Song“), Vollfröhlich Valley („Inbetween Days“), U2ingen („Push“), Hechelbach („Close To Me“ mit den besten Handclaps eines mit Handclaps nicht eben geizenden Jahrzehnts und tollem Gehechel sowieso), Erhabenburg („A Night Like This“), Selbstmitleidhausen („Sinking“), wohin sich Robert Smith oft verkriecht, um seine Trademark-Klagelieder zu schreiben. Doch eine wie „Sinking“ ist ihm trotzdem nur selten gelungen.
Nach dem Erfolg von HEAD … lässt man sich die folgende LP richtig etwas kosten: KISS ME KISS ME KISS ME 5 soll ein Doppelalbum der höchsten Doppelalbumklasse werden, ein Koloss, eine multistilistische und instrumentale Anmaßung, die die einstigen Postpunk-Minimalisten bis zurück in die 70er führt, wo sie sogar zum indest formalen Gegnern wie Led ZeppelinTributzollen. Die Platte erscheint fast zeitgleich mit SIGN „o“ THE TIMES und hätte für den Rock wohl eine ähnliche Bedeutung haben können wie Prince 1 Epos für den Pop, wäre da nicht Smiths eigenwilliger Gesang gewesen. Andererseits: gut so. Rockklassikerplatten muss man sich meist mitzu vielen Leuten teilen; und Smiths Gesang vollendete doch erst das Gesamtkunstwerk KISS ME … Der Mann heult nicht nur, er knödelt in übergeschnappten Funkpopschlagern wie „Why Can’t I Be You“ und „Hot Hot Hot“, er kläfft ins Maul des Wah-Wah-Ungeheuers „The Kiss“ , er brüllt (schnöde) Durchhalteparolen in „Fight“, schmettert sich durch große Popsongs wie „How Beautiful You Are“ und „Just Like Heaven“, er du-du-dudelt bei „Catch“ und gurrt zu „Like Cockatoos“. Auch dieses Album wird trotz allen Wildwuchses von einem Bandsound, jetzt endgültig der neue Cure-Sound, von einer schwülen, schweren Atmosphäre zusammengehalten. Ein Album wie eine Burg. Mit Zinnen, Türmen, Wassergraben. DrachenangTiffen und Minnegewimmer, allem Drum und Dran.
Kommen wir zu den Bonus-CDs, die „Deluxe Editions“ landläufig beigefügt werden. Gerade bei The Cure ein interessantes Thema, wo der Chef doch selbst für die Demo-Zugaben (auch von B -Seiten und ein paar unveröffentlichten Songs) sorgt, für alternative Versionen und in den vorliegenden Fällen wohl für ein paar Livebootlegs zu viel. Den meisten Spaß bringt das Bonusmaterial von HEAD …. wo einige differente Studiodemos dem Fan große Ohren machen. Bei Kiss ME… ist das hingegen leider kaum der Fall: Auf dem Album befinden sich aber eben schon 18 Songs, auch die Singles bekamen bereits einige sehr schöne B-Seiten ab. Dablieben kaum mehr als ein paar, zumeist gesangslose Studiodemos über, die am besten noch zur Cure-Karaoke taugen.
Apropos taugen: Die Freundschaft zwischen Robert Smith und Steve Severin von Siouxsie &. The Banshees, wo Smith zeitweise auch als Gitarrist aushalf, mag Landei Smith als Inspiration, (Drogen-)Erfahrungsquelle usw. getaugt haben – für eine wertvolle musikalische Partnerschaft sollte sie zumindest beim gemeinsam Projekt The Glove nicht genügen. Mit dem psychedelischen BLUE SUNSHINE 2,5 brachten die beiden 1985 ihr einziges Album heraus. Es war dank exzessivem Beatbox-Einsatz auch tanzbar, klang neben Cure und Banshees vor allem nach New Order. Vor allem fehlt es ihm aber an brauchbaren Songs. Was das Album im „Deluxe“-Paket für Cure-Fans wohl dennoch zum Pflichtkauf macht: Hier ist auf CD zwei auf allen Demos noch Smiths Gesang zu hören, bevor sich Vokalistin Jeanette Landray mit gestelzter Performance am Großteil von ihnen verging. (Wer beiden Bewertungen der Alben die Bonus-CDs einbezogen wissen will, muss im Schnitt leider doch ein bis zwei 1 abziehen-… nun, bei The Glove wohl besser nicht.) www.thecure.com
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