The Sweet – Sechs Re-Issues

Vom harmlosen Bubblegum-Pop zum knackigen Hard-Rock – das in seiner ersten Karrierehälfte vor allem von Millionen europäischen Teenagern beiderlei Geschlechts abgöttisch geliebte britische Quartett vollzog in den Siebzigern eine sagenhafte Metamorphose, die erst eine Dekade später vor allem amerikanische Haarspray-Rocker wie Mötley Crüe, Poison, Hanoi Rocks und Guns N Roses beeinflussen sollte. Sechs neuaufgelegte Alben zeichnen – erstmals digital optimiert, um jeweils zahlreiche Bonustracks ergänzt – ein Porträt der Glam-Rock-Pioniere. Das Debüt FUNNY HOW SWEET CO CO CAN BE von 1971 war eine krude zusammengestoppelte Kollektion früher Chartrennerwie „Funny Funny“, „Co-Co“, diverser auf Deep-Purple-Style getrimmter B-Seiten und geschmackvoller Covers („Reflections“ von den Supremes und „Daydream“ von Lovin‘ Spoonfull). Wesentlich ambitionierter klang das zwei Jahre später erschienene SWEET FANNY ADAMS von sämtlichen Mitgliedern als eigentliches Debüt bezeichnet: Betont riff-rockig, gelang es dem vertraglich noch unter der Ägide des Komponistenteams Chinn-Chapman und Produzent Phil Waiman agierenden Ensemble aus Hayes, Middlesex, eindrucksvoll, sich mit zur Hälfte Selbstgestricktem wie „Set Me Free“, „Rebel Rouser“ und „Restless“ künstlerisch freizuschwimmen.

Noch kohärenter in Richtung Hard-Rock zielte knapp ein Jahr später DESOLATION BOULEVARD. Sänger Brian Connolly, Gitarrist Andy Scott. Bassist Steve Priest und Schlagzeuger Mick Tucker beanspruchten noch mehr Songwritercredits [unter anderem für „Solid Gold Brass“, „Breakdown“, „Medussa‘, „Lady Starlight“], nahmen erstmals auch hinterm Mischpult Platz und feierten die Premiere der ersten selbstgezimmerten Single-A-Seite „Fox On The Run“. Das Paradestück der Werkschau ist GIVE US A WINK von 1976. Bei Songs wie „Healer“, „Cockroach“, „4th Of July“ und „Yesterday’s Rain“ im facettenreichen Heavy-Metal-Stil dürfte die damals gerade heranwachsende New Wave Of British Metal genau hingehört haben.

Daß sich nach diesem künstlerischen Durchbruch der Nachfolger OFF THE RECORD wieder verstärkt kommerzielleren, überfrachtet wirkenden Arrangements zuwandte und vor allem der alkoholkranke Brian Connolly schleichend seine einst so überragende Stimme verlor, wird unter Sweet-Aficionados noch 30 Jahre später kontrovers diskutiert. Der vermehrte Einsatz von Synthesizern und die Hinwendung zu schwarzen Funk-Rhythmen raubte den an sich gelungenen Kompositionen auf OFF THE RECORD wie „Lost Angels“, „Fever Of Love“ und „Midnight To Daylight“ etwas den Nerv. Sämtliche 17 Sweet-Single-A-Seiten von „Funny Funny“ bis „Love Is Like Oxygen“ finden sich auf der Compilation THE VERY BEST OF SWEET.

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