The Woodentops- Giant
Trompeten jauchzen, Kastagnetten klappern, die Orgel jault, ein Akkordeon atmet schwer, gemütlich brummt der Baß, die Gitarren kreischen postpsychedelisch, spielen kleine liebenswerte Soli, türmen Flamenco-Arpeggios auf — und wer’s bis jetzt noch nicht weiß: Die Woodentops aus London, 1983 gegründet und benannt nach einer alten TV-Kinderserie — machen den aufregendsten Gitarren-Pop seit langer, langer Zeit.
Dabei ist es nicht einmal das Was, sondern das Wie, das den Hörer in Bann zieht. Wenn man nur wollte, könnte man locker zig Querverbindungen herstellen zu Vorbildern aus Rock n“ Roll. Folklore, Country, Rockabilly und Pop — aber man will ja gar nicht! Denn für kleinliche Vergleiche klingen die Woodentops einfach zu frisch, zu jung, zu glücklich, zu gut…
Begonnen hatte das, was nun auf dem Plattendebüt GIANT vorliegt, in den Straßen Londons beim „busking“ — so nennt man es, wenn einer mit dem Hut vor den Füßen für vorbeieilende Passanten aufspielt. Diese inzwischen folkloristisch anmutende Armut war übrigens auch der Grund dafür, daß die Woodentops billige Instrumente — Kastagnetten, Akustikgitarren — verwenden mußten. Besonders Taktgeber Benny hat aus dieser Not eine Tugend gemacht: Sein Winz-Kit besteht aus nicht viel mehr als einer Snare Drum und einigen Tom Toms, aber auf die drischt er — stehend — ein. als ginge es um Leben und Tod.
GIANT, vielgelobt und von nur wenigen Singles („Plenty“. „Move Me“. „Well. Well, Well“) vorbereitet, ist in allen 12 Songfällen ein Schuß ins Schwarze. Süßlicher Hauchgesang, rhythmische Galopps, wütendes Feedback-Gebrüll, unbeschwerte Harmonien, irre Improvisationen. Sonnenschein und Donnerwetter — die Woodentops-Lieder nehmen oft urplötzlich überraschende Wendungen. Was als sanftes Geplätscher beginnt, wird unversehens zu einer Wildwasserfahrt.
Schwer zu sagen, wo das Gute besser ist, welcher Song, welche Passage besonderes Ohren-Merk verdient. Machen wir’s uns einfach: Die Woodentops — bei einer durchschnittlichen Körpergröße von 1,65 Meter gern als „Kleinste Band der Welt“ apostrophiert, sind in diesem Monat die Größten.
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