Thomas Azier

Love, Disorderly

Hylas Records/Indigo (VÖ: 12.6.)

Der Pop des Holländers verabschiedet sich von hitverdächtigen Hymnen, hin auf experimentellere (Ab-)Wege.

Manchmal führt geschmeidig eines zum anderen: Die Pathos- Pop-Single „Red Eyes“, die Thomas Azier 2012 mit einem schrottigen Mikro in Berlin-Friedrichshain aufgenommen hatte, wurde von Yves Saint Laurent gekauft, um deren Duftwässerchen anzupreisen, und plötzlich war Azier, der Wahl-Berliner Junge vom holländischen Dorf, einer, der aufhorchen ließ in der frankophonen Pop-Welt: Der belgische New-Beat-Popstar namens Stromae holte sich Azier zur Seite, um an drei Songs des Stromae- Albums RACINE CARRÉE zu schrauben, das am Ende des Jahres die meistverkaufte Platte der französischsprachigen Welt war. C’est la vie.

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Das Gespür für große Melodiefolgen hatte Azier immer schon, und mit seinem zweiten Studioalbum ROUGE (2017) fand er auch eine eigene Sound-Signatur, indem er das akustische Klavier sehr hörbar als gleichwertigen Partner in seinen Elektro-Pop integriert hat. Der Nachfolger, STRAY (2018) klang leider eher so, als hätte Justin Bieber ihn während besonders ambitionierter Hotelnächte am Laptop erklickt. Wohin geht es nun auf diesem vierten Album? Die Streicher knistern und pochen stellenweise und Azier schwingt sich auf ins Pathos-Falsett wie ein homme fatal, wie eh und je.

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Andererseits aber scheint er die Ambition vorerst auf Eis gelegt zu haben, wie ein Stromae die Charts zu stürmen. Dafür ist LOVE, DISORDERLY zu arty und zu noisy. Am schnellsten zeigt sich das bei der gewagten Coverversion „Freed From Desire“, im Original 1996 von der Italienerin Gala. Den Eurodance-Fetzen schleift Azier von der Autoscooter-Rollfläche in einen dunklen, angefunkten New-Wave-Keller, voller Shouts statt Schönklang. Mehr Experiment zwar, aber es fühlt sich nicht mehr so dringlich an wie früher bei Azier, als sein Synthie billiger, aber seine Stimme stärker herzgetrieben klang.

LOVE, DISORDERLY im Stream hören:

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