Die Rubrik ,Liedermacher‘ wird Thommie Bayer schon seit vier LPs nicht mehr gerecht. Seine sechste LP. WAS IST LOS?, bietet raffinierte Popsongs, deren brillante, nicht unangenehm zynischen Texte zu den besten in der Republik gehören. Das Image vom „deutschen Dylan“ ehrt Thommie Bayer zwar sehr, wird durch Wiederholung aber nicht wahrer Tatsächlich hat sich die Band einen unverwechselbaren Stil erarbeitet, der in dieser musikalischen Ausdrucksstärke in Deutschland selten ist Sicher ist Thommie Bayer auch der profilierteste Songschreiber, den wir im Moment leider immer noch unterbewertet, haben. Auch hat er mit Dylan die Leidenschaft zum bildreichen Erzählen und unauffälligen Zitieren gemein.

Doch Thommie Bayer ist – live wird das noch deutlicher – ein viel zu bescheidener Kerl, der – aus der Provinz kommend – mit viel Sensibilität das ganze Land als skurriles Dorf entlarvt. Manchmal denke ich, Thommie Bayer wäre neben all den Mutmachern auf dem Musikant-Label gut aufgehoben Einer, der klug gewebte Teppiche ausbreitet, auf die alle Abgehobenen zurückgeholt werden können. Neben Bots und BAP macht Bayer augenblicklich die eingängigsten und zeitlosesten Pop-Songs.

Diesmal hat ihm Ulla Meinecke bei zwei Liedern geholfen, leider gerade bei den Liedern, die nicht die brutal dämlichen Rundfunknormen, wie 3-Minuten-Dauer und Mit-Singbarer-Refrain-ohne-Hinhören, erfüllen Zwei Hits hat die LP doch, auch bereits als Single erschienen. „Alles prima“ läßt einen Knacki schwärmen, der von der Pieke auf lernen will, wie sein Knastdirektor zu werden, um sich dann von den Mitgefangenen bewundern zu lassen. „Die ganz, ganz neue Neue deutsche Welle Kapelle“ gibt zackig ein Erfolgsrezept: .Jetzt oder nie oder sonstmal, irgendwas und zwar total“, solle man zwanzigmal in den Saal schreien, das käme an. Ein Glück, daß Thommie Bayer das noch nie ernsthaft ausprobiert hat.