Tocotronic – Wir kommen um uns zu beschweren
Anstelle von ‚Wir kommen um uns zu beschweren‘ hätte es auch das Lied ‚Ich werde mich nie verändern‘ als Titelsong des neuen Tocotronic-Albums getan: Wie gewohnt besticht das Hamburger Youngster-Trio mit donnerndem Emo-Grunge, der in Sachen Romantik seinesgleichen sucht. Der Beschwerde-Titel macht allerdings ebenfalls Sinn, denn Sänger Dirk von Lotzow und seine Mannen leiden offenbar nach wie vor schwer an ihrer Umweit, was sie durch Songs wie ‚Ich verabscheue euch wegen eurer Kleinkunst zutiefst‘ oder ‚Ich wünschte, ich würde mich für Tennis interessieren‘ eindrucksvoll belegen. Der Charme der geballten Teenage-Angst, der auf den ersten beiden Alben noch golden schillerte, wird allerdings auf CD Nummer drei von einer gehörigen Portion Bitterkeit begleitet, die Texte mußten auf Kosten ausschweifender und nicht immer spannender Instrumental-Segmente zurückstecken. Hoffentlich markiert das nicht die beginnende Sprachlosigkeit einer Band, die es bisher verstand, mit ihren Texten gewisse deutsche Befindlichkeiten mitten in Herz und Bauch zu treffen. Aber sei’s drum: Auch das neue Album ist ein adäquater Ersatz für die Handgranate, die so viele junge Menschen bei der allmorgendlichen U-Bahn-Fahrt vergeblich in ihrer Tasche suchen.