Von Menschen und Göttern :: Von Xavier Beauvois, Frankreich 2010

Wider den Terror: Glaubensfragen für Ungläubige.

Am 27. März 1996 werden kurz nach Mitternacht sieben französische Zisterziensermönche vermutlich von Islamisten aus ihrem entlegenen Kloster in den Bergen Algeriens entführt. Zwei Monate später findet man ihre Leichen mit durchtrennten Kehlen. Die Hintergründe bleiben ungeklärt. Das sind die Fakten. Hier ist der Film. Nun gibt es viele denkbare Ansätze, diese Geschichte in einen Film zu übersetzen – als Politthriller, als Drama über einen aussichtslosen Überlebenskampf. Xavier Beauvois, hauptberuflich Schauspieler und alle Jahre wieder auch als Regisseur tätig, interessiert, platt gesagt, nicht der Tod, sondern das Leben: Das Schicksal der Mönche wird erst in den letzten Minuten zum Thema, das Wissen des Zuschauers, was passieren wird, spielt allerdings eine tragende Rolle, schwebt wie ein Damoklesschwert über dem Film und verleiht den vermeintlich banalen Alltagsbetrachtungen aus dem Leben der kleinen christlichen Glaubensgemeinschaft eine geradezu schicksalhafte Bedeutung. Dabei ist es ein einfaches Leben, das in einfachen Bildern eingefangen wird. Beauvois geht es um die Existenz der zurückgezogen lebenden Mönche . Er lässt sich ganz auf deren Rhythmus ein, weil er festhalten will, wie sie Harmonie mit ihrer Umwelt und sich erzielen, als wichtiger Bestandteil und Rückgrat einer kleinen Gemeinde, die Zusammenleben nicht über Glaubensrichtungen definiert. Die drohende Gefahr durch islamistische Übergriffe, die bereits Arbeiter aus dem Westen das Leben kostete und sich für die Mönche manifestiert, als eine Gruppe Terroristen an Weihnachten gewaltsam bei ihnen eindringt und medizinischen Beistand einfordert, setzt das Drama in Bewegung: Soll man bleiben, soll man gehen? Zweimal stimmen die Mönche ab. Was zwischen den Abstimmungen passiert, bestimmt die Essenz des Films, der in einer bewegenden Szene kulminiert, einem letzten Abendmahl zu den Klängen von „Schwanensee“, dessen Kadragen an Carl Theodor Dreyer, insbesondere an „Die Passion der Jungfrau von Orléans“ und „Das Wort“erinnern.Erstmals erlaubt sich hier Von Menschen und Göttern eine Stilisierung, wenn sich die Kamera von Gesicht zu Gesicht bewegt und signalisiert: Dies ist Höhepunkt und Schlusspunkt, es wird nie wieder so sein. Transzendentales Kino von großer Strenge. Und noch größerer Menschlichkeit. Start: 16.12.