World Circuit Presents…
Der Engländer Nick Gold hat sich in den 90er-Jahren zu einem der einflussreichsten Strippenzieher im Musikgeschäft entwickelt, ohne dass er deshalb als Figur in der Pop-Öffentlichkeit groß wahrgenommen wurde. Gold ist der Gründer, Eigentümer und Hauptproduzent des Labels World Circuit, das den Weltmusikboom der 90er-Jahre wesentlich mit angeschoben hat. Vor allem die Zusammenarbeit mit dem amerikanischen Ex-Rockgitarristen und leidenschaftlichen Musikethnologen Ry Cooder hat der feinen, kleinen Firma zu spektakulären Erfolgen verholfen: 1993 nahm Cooder für World Circuit zusammen mit dem Gitarristen und Sänger Ali Farka Toure (dem „John Lee Hooker Westafrikas“) und Gastmusikern wie Jim Keltner und John Patitucci das Album talking timbuktu auf, das mit einem Worldmusic-Grammy ausgezeichnet wurde und Interessierte in der westlichen Welt schlagartig auf das Phänomen des sogenannten „Mali-Blues“ aufmerksam machte: In dem westafrikanischen Land gibt es eine Tradition eingängiger, auf gitarrenähnlichen Instrumenten gespielter Songs, die sehr nahe an dem liegt, was westliche Ohren inzwischen als amerikanischen Blues zu verstehen gelernt haben. Eine noch größere Goldmine erschloss Cooder dem britischen Label, als er 1996 mit einem erstaunlich rüstigen, in der übrigen Welt aber noch weitgehend unbekannten Veteranenclub der kubanischen Son-Szene in Havanna das Album buena vista social club einspielte. Die Folgen reichten in Form des sogenannten „Kuba-Booms“ der späten 90er-Jahre bis weit in westliche Cocktail-Bars und Studentenpartys hinein. Zum 20. Jubiläum von World Circuit erscheint nun die vorliegende Compilation mit ingesamt 29 Tracks – sie beginnt mit „Chan Chan“, dem Superhit des Buena Vista Social Club, zeigt aber, dass das Label trotz seiner eindeutigen Schwerpunkte auf Westafrika und Kuba eine beachtliche Bandbreite an unterschiedlichen Stilistiken bedient, bis hin zum marokkanischen Trance-Groove. Viele der beteiligten Acts (u.a. Cheikh Lö, die Afro Cuban Allstars, Omara Portuondo, Oumou Sangare) sind heute Weltstars der Ethnoszene. Dabei kommt Gold und seinem Stammtontechniker Jerry Boys das Verdienst zu, ihre Produktionen mit sachten modernen Beigaben für westliche Ohren zugänglich zu machen, ohne ihre ethnische Substanz zu verwässern.
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