Rolling Stones In Köln


ROLLING STONES, dieser Name liess gleich zu Beginn ihrer Ära die Herzen der Fans höher schlagen und Veranstalter um ihr Mobiliar bangen. Als Exponenten einer neuen, agressiven und proletarischen Musik, holten sie den Negerblues aus den amerikanischen Ghettos und machten ihn zu dem Symbol einer sich befreienden Jugend. Fünf Jahre sind seit ihrem ekstatischen Appell „I can’t get no satisfaction“ vergangen. Millionen von Fans in aller Welt haben das honoriert. Der Umsatz von 15 LP’s belief sich auf 250 Millionen Mark. Zwar ist heute auch noch von Satisfaction die Rede, werden noch immer bei Stones-Konzerten Einrichtungsgegenstände demoliert, jedoch der alte Schwung ist hin. Von den „bad boys“ der alten Rock’n Roll-Zeit ist nicht mehr viel übrig geblieben. Sie sind legendär geworden und haben sich etabliert. Zwar treten sich Stones-Fans die Füsse platt, nehmen lange Wartezeiten, Wasserwerfer und Hunde in Kauf, aber die Spontanität früherer Zeiten ist verpufft. In Köln ausverkauftes Haus.

Fast 5.000 Fans fiebern dem Auftritt der rollenden Steine entgegen. Draussen vor der Halle Tumulte, prügelnde Ordner, Wasserwerfer, Polizei, Hunde, Sperrgitter und was sonst noch alles als unerlässliches Requisit zu Stones-Konzerten gehört. 22.00 Uhr. Es ist soweit. Die Ansage geht im Getöse und Jubel der 5.000 unter. Mick Jagger, im weissen Seidenanzug, gibt sich gelassen. „Wir veranstalten das Konzert zum Gedenken von Jimi Hendrix“. -Jubel, Beifall. 5-4-3-2-1-0- planmässiger Start, planmässig wie alles bei diesem Auftritt. „Jumping Jack Flash“ ist die erste Nummer von ungefähr 15. Nicht mehr so impulsiv und so brennend, wie man es gewöhnt ist, eher gelassen. Der Nimbus der „Rebellen in Rock“ beginnt abzublättern und Fassade wird sichtbar. Applaus lässt die Halle erbeben. Jede Ansage einer neuen Nummer geht im Geklatsche unter. Es sind zwar die alten Stücke, doch sind sie es nicht. Man versucht streckenweise zu improvisieren, besonders Mick Taylor gibt sich grösste Mühe. Doch die Flexibilität und Spontanität sind einfach nicht mehr vorhanden. Mit der Gleichmässigkeit eines Uhrwerks läuft die Show ab. Aber es sind Steine in den Mechanismus gekommen. Alles wirkt einstudiert und zu gekonnt. Mick Jagger’s Bühnenakt ist bis auf das letzte I-Tüpfelchen ausgepfeilt. Er versteht es aufgrund seiner erotischen Ausstrahlungskraft, die Zuhörer in seinen Bann zu ziehen und anzuheizen. Aber die Stücke, wie z.B. „Street fighting man“ haben ihre Aussagekraft verloren. Wo ist der feuerspeiende Vulkan voll Agressionen geblieben? Sie spielten ihre Songs, die sich fast schon als Gassenhauer etabliert haben, wie Strassenmusikanten, ohne Engagement, ohne Aussage. Sie erzeugten zwar Jubel bei den 5.000. Jedoch blieb ihr Auftritt ohne Reflexion. Keine Zugabe. – Aus. Vorbei.

70 Minuten, eine verlorene Zeit? Eine Zeit, die im Fluge verging. Zurückblieben demolierte Eingangstüren, Verletzte und eine Welt, die für manchen Stone-fan aus dem Lot geraten war.