Santana


AM ANFANG WAR DAS GITARRENSOLO. EIN IMPROVISATIonswütiger Carlos Santana begann den exklusiven Gig vor geladenen Gästen-Gold-Verleihung auf offener Bühne inklusive – mit einem Utino-Rocksong der aktuellen LP „Supernatural“. Das Interesse der jüngeren Hälfte des Publikums konnte auf diese Weise offensichtlich noch nicht ganz geweckt werden: „Theo, wir fahr’n nach Lodz“, stimmte man an der Bar im hinteren Hallenteil an. Dabei ist es nicht Carlos Santanas Schuld, dass er den Erwartungen nur noch teilweise gerecht wird. Der Gitarrist stand in den letzten 30 Jahren für innovativen Hippie-Rock mit südamerikanischen Einflüssen, und in dieser Abteilung enttäuscht er auch 2000 keineswegs. Klassiker wie Peter Greens „Black Magic Woman“ oder“Oye ComoVa“ funktionieren bestens, treiben magisch und druckvoll feuchtwarme Voodoo-Luft durch den Saal. Allerdings ist Santana seit dem bisweilen als „Comeback“ gehandelten Megaseller „Supernatural“ mit einer neuen Fraktion im Publikum gesegnet, die eigentlich lieber die auf dem Album vertretene, trendige Special-Guest-Armee aus Lauryn Hill, Wyclef Jean, Everlast, Rob Thomas und Eagle-Eye Cherry hören würde. Nach elf Grammy-Nominierungen ist Carlos, der Woodstock-Veteran,jetzt bei Menschen angesagt, die sich nicht allzu sehr für den musikalischen Stellenwert seines Gesamtwerks interessieren. Nur:“Hip“ sein will dem 52jährigen nicht so recht gelingen. Es war auch nie sein Anliegen. Und so mussten Promis wie Boris Becker nebst Ehefrau Babs und Nina Hagen auf ihrem vielleicht ersten Santana-Konzert feststellen, dass die Strophe nach dem Gitarrensolo nur die Strophe vor dem nächsten Gitarrensolo ist – Carlos war und ist nun mal ein Saitenakrobat. Nachdem der miserable Sound nach den ersten Songs etwas erträglicher wurde (gestört hat sich daran nur das Publikum, die Tonmischer hatten Kopfhörer auf), kam bei der Single „Smooth“ altersübergreifend Stimmung auf. Bei der kommenden Tournee dürfte mit diesem Song das Eis brechen, die Nummer steht in einer Reihe mit den alten Klassikern. „Nie war er angesagter als heute“, bewirbt die Plattenfirma ihren neuen Goldesel (Ich hob’sgewusst! Als ich damals den Woodstock-Film zum ersten Mal gesehen hab, hob ich’s schon gewusst: Aus diesem Santana da, aus dem wird noch mal was-, Anm. des Redakteurs). Wer sich davon nicht beirren lässt, erlebt ein Santana-Konzert in gewohnter Qualität und mit klassischem Aufbau. Egal ob Collins oder Cocker: Gegen Ende gibt’s seit jeher „the good old Schlagzeugsolo“. So auch an diesem Abend. Etwas später zieht sich Santana, der sympathischerweise immer noch so wirkt, als wüsste er mit dem Trubel um seine Person nicht viel anzufangen, freundlich winkend zurück. Santana spielen bei Rock am Ring/Rock im Park (09.-n.06.)