Schicksal, du richtest es wohl


Auch wenn sie nicht daran glauben: Wie wäre es anders zu erklären, daß sich bei Blackmail alles wie von selbst findet?!

Nach zehn Jahren darf eine Band gerne einmal innehalten, Anekdoten wälzen und im Fall von Blackmail schließlich staunen -darüber, „daß das alles so gutfunktioniert hat“. Der Anfang- ein Klischee, der Rest Fügung: Die Geschichte der Koblenzer begann tatsächlich mit einer Anzeige in einem Musikmagazin. Sänger Aydo Abay ist zwar „keineswegs jemand, der an Schicksal und solche Dinge glaubt“, wie er versichert, aber er schreibt Bruder Zufall und Schwester Zuversicht eine große Beteiligung an der Karriere seiner Band zu:

„Wir haben itn Großen und Ganzen ziemlich viel Schwein gehabt“, sagt er: „AlleLeute, dieuns weitergeholfen haben, Manager, Plattenfirmen-Menschen und auch diejenigen, die so seltsame Dinge wie die Jägermeister-Tour für uns eingefädelt haben, sind uns zufällig über den Weggelaufen. Wir mußten so gut wie nie Klinken putzen. Allerdings haben wir ganz schön herumexperimentiert, was in der Branche so geht, welche Forderungen man stellen kann.“

Die Freude am Ausprobieren hat das Quartett sich bis heute in jeder Hinsicht bewahrt. Musikalisch sowieso. Das neue Album aerial view kommt wieder mit Überraschungen ums Eck. „Unsere größte Angst gilt der Langeweile“, sagt Aydo: „Wir versuchen, unseren Status so zu nutzen, daß wir uns weiterentwickeln können. Nichts ist öder, als permanent das gleiche zu machen. Das gilt für uns genauso wie für die Leute, die unsere Platten kaufen‘ „Wer sich einen Namen gemacht hat, darf auch etwas wagen. Zum Beispiel einen richtigen, sehr männlichen Männerchorbei „Moonpigs“, eine astreine, zum Kloß im Hals rührende Powerballade oder einen experimentellen Bläser-Exkurs im stringent durchstrukturierten Indierock. Liest sich wie vom Reißbrett, klingt aber nicht so. Alles fällt spielerisch wie von allein an den ihm zugedachten Platz.

Die Arbeit an aerial view begann in einem Häuschen in Galizien: „Mein Bruder Kurt und ich sind dortfamiliär verwurzelt“, sagt Bassist Carlos Ebelhäuser, „und wir dachten, wenn wir uns dorthin zurückziehen, können wir konzentrierter an neuen Songs arbeiten.“ Aydo präzisiert: „Ich bin manchmal eine unheimlich faule Sau. Wenn in Koblenz irgendwas nicht auf Anhieb funktioniert, ist es immer verlockend, einfach nach Hause zu gehen und am nächsten Tag weiterzumachen. Das ging in Spanien nicht. Wir mußten uns konzentrieren.“

Einige rotweinschwangere Abende am offenen Kamin später ging es mit einer Menge Ideen im Gepäck zurück nach Deutschland. Dort mußte die Band jedoch feststellte, „daß vieles, was wir in Spanien noch total super fanden, gar nicht mehr funktionierte. Von den Songs haben es nur vier oder viereinhalb aufs Album geschafft“, erzählt Carlos: „Aber das Grundgefüge, von dem aus der Rest entstanden ist, war bei unserer Rückkehr zumindest vorhanden.‘ Immerhin brachte der Band dieser Grundstock und die ersten daraus resultierenden Songs einen Plattenvertrag mit City Slang ein. „Und das, obwohl die uns gar nicht richtig kannten. Schon wieder so ein Zufall“, sagt Aydo und grinst: „Zur richtigen Zeit am richtigen Ort über die richtigen Leute gestolpert. „

Dennoch wird Aydo in allem Freudentaumel nie müde, zu betonen, daß all das Glück und die vielen Möglichkeiten, die Blackmail hatten und haben, nie Selbstverständlichkeit werden dürfen. „Wir waren neulich in Japan „, berichtet er. Ihr Album FRIEND OR FOE hatte dort die Charts geknackt. „Und es war unglaublich, mit welchem Respekt und welcher Freundlichkeit man uns dort begegnete. Mir ist schon klar, daß vieles davon auf oberflächlicher Ebene abläuft. Aber das ist unterm Strich egal. Ich habe von dieser Freundlichkeit eine Menge mitgenommen und gelernt.“ Zum Beispiel: Auf ausgestelltes Selbstdarstellertum können nicht nur Japaner bestens verzichten .Das braucht gar kein Mensch.

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