Meinung

„Schulz und Böhmermann“: Schönes Scheitern zum Staffelstart


Olli Schulz hat zum Auftakt der zweiten Staffel „Schulz und Böhmermann“ einen derben Dämpfer erhalten. Was ihn ärgert, kann für die kommenden Episoden nur gut sein.

Jan Böhmermann und Olli Schulz haben in ihrem Leben mit Sicherheit schon etliche Talkshows gesehen. Und deshalb haben sie sicherlich auch gewusst, dass man die Themen Gender-Studies und Sexismus nicht innerhalb einer Stunde im Fernsehen abarbeiten kann. Vor allem nicht, wenn eine Frau (Vice.com-Chefredakteurin Laura Himmelreich) und fünf Männer an einem Tisch sitzen. Obligatorisch würde diese Konstellation bei dem Thema schon viel Zeit fressen, was dann auch so kam.

Allerdings kann man es den Moderatoren und deren Redaktion nicht vorwerfen, dass sie es nicht wenigstens versucht hätten. Zwar geriet die erste Folge der neuen Staffel „Schulz und Böhmermann“, die nun monatlich bei ZDFneo gezeigt wird, teilweise zur gefilmten Sackgasse. Einige interessante Erkenntnisse zum Thema drangen allerdings doch durch. Zum Beispiel eben das Grundproblem, dass das „Multiproblemkonstrukt“ (Himmelreich) vielleicht zu komplex ist für eine Talkshow, in der neben der Thematik auch noch die Egos der Gäste auf dem Tisch liegen.

Abneigung statt Bonding

Ben Tewaag bestätigte ohne große Umwege sein Image als Macho mit einfachen Argumenten, dafür wurde er ja immerhin auch eingeladen. Dass Böhmermann ihn dann aber irgendwann noch mit BILD-Schlagzeilen beschießen wollte, zeugte dann doch eher von der Hilflosigkeit des Moderators angesichts des schwierigen Themas. So schafften es auch weder Olli Schulz noch Jan Böhmermann, auf durchdachte Argumente der weiteren Gäste, Schorsch Kamerun, Soziologe Rolf Pohl und eben Laura Himmelreich, einzugehen.

Die Gastgeber dürften und werden sich über die alles andere als gut moderierte Sendung ärgern. An einer Stelle beschwerte sich Ex-Punkrocker Kamerun über das Niveau der Runde. Damit meinte er natürlich Olli „Ich mach mal einen Pimmelwitz“ Schulz, der daraufhin nur noch krakeelte und unterstrich, dass das Thema wohl tatsächlich außerhalb seiner Kompetenz als Moderator liegt. Vielleicht war er aber auch nur enttäuscht, dass es nicht zum erhofften Bonding mit dem Musiker-Kollegen kam.

Moderatoren lassen Federn

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Schlimm ist das aber alles nicht – höchstens für das Ego der Moderatoren, die sich aber spätestens in ihrem nächsten Spotify-Podcast wieder selbst beweihräuchern können. Die Dämpfer zum Auftakt könnten den kommenden Episoden aber zugute kommen. Vielleicht rückt der Fokus dann mehr auf die geladenen Gäste und weg von den Charakteren der Gastgeber. Denn deren Geschichten kennen die Zuschauer bereits länger, kein Mensch muss noch einmal erfahren, dass Schulz zuletzt auch mal wieder bei Circus Halligalli zu Gast war.

Die zunehmend genervte Stimmung der Runde versprühte obendrein Emotionen und Ehrlichkeit, Frust und das im Jahr 2017 immer noch wichtige Bewusstsein für die Größe der versuchsweise besprochenen Themen. Und genau dies haben Böhmermann und Schulz pointiert herausgearbeitet, auch wenn sie dabei Federn lassen mussten.

Nach wie vielen Sendungen von Jauch, Will und Lanz hat man sich denn als Zuschauer gedacht, dass eine Runde voller vermeintlicher Experten kein Stück vorangekommen ist? Richtig, nach sehr vielen. Bei „Schulz und Böhmermann“ wurde dieser Umstand zumindest zugegeben und offen angesprochen, womit die Sendung als erfrischend ehrliches Stück TV Vorfreude auf die nächste Episode im April macht.