Singles


von Alber! Koch ) Hat sich schön mal jemand jso richtig seine Gedanken über Blink-182 gemacht? ‚ Schwierige Band, schwierige Band. Normalerweise gehen die Lieder der kalifornischen“.Punks“ langsam los, aber dann nach ungefähr 57 Sekunden richtig ab. Aber so richtig. Also richtig richtig. Da bleibt kein Auge trocken. Kein einziges. Party, Baby. Aber 11 hallo. „I Miss You“ IGeffen/Motor/Universal) geht auch langsam los und bleibt so langsam bis zum Schluss. Und dazwischen glaubt man sogar ein Cello zu vernehmen. Musikphilosophisch abgewogenes Grundsatzurteil über Blink-182 egal ob Party-Pseudo-Punk oder verspätete Weihnachtsballade: Mist. Und zwar ganz großer.

Auweia. Beschwingter Gitarrenpop mit Bangles-Background-Chören, schlechter Achtziger-Jahre-New-Wave-Produktion und einem Sänger, der wie ein weiblicher Bryan Adams klingt. Das sind die Delays aus Southhampton und „Long Time Coming“ IRough Trade/ Sanctuary/Rough Trade). Die Engländer fläppen aus, und wir verstehen wieder mal nur Bahnhof. Die Zukunft des Rock ist auch nicht mehr das, was sie mal war.

i „Slow“, die erste Single aus dem Kylie-Album boov lan-I guage war ja ein gewaltiger Schritt für die Menschheit. Die Nachfolgerin „Red Blooded Woman“ (Parlophone/Capitol) ist dagegen ein kleiner Schritt für eine Hupfdohle. Ein seichter, gesichtlos dahinplätschernder R’n’B-Schleicher, der echt auch von jeder anderen Hupfdohle stammen könnte. Schäm dich was, Kylie!

Nehmen wir die Veröffentlichung der Liars-Single „There’s Always Room On The Broom“ IMute/Virgin) zum Anlass, eine Lanze für Eugene Chadbourne zu brechen, den großen Eugene Chadbourne, den Avantgarde-Jazz-Artrock-Country-Musiker, der ca. hundert Platten veröffentlicht hat, die der Leser gefälligst alle kaufen soll, und der auch öfters mit Camper Van Beethoven zusammengearbeitet hat. Das Artwork von Chadbournes 1988er Album kultural terrorism, das er zusammen mit dem Geiger Jon Rose aufgenommen hatte, ging auf eine Idee zurück, deren Umsetzung – warum auch immer – zu den Ausnahmeerscheinungen in der Geschichte der Schallplattenhüllenkunst gehört: dasPtattencover-Bastard-Bootlegging. Chadbourne nahm das Cover einer Karajan-Beethoven-LP der Deutschen Grammophon Gesellschaft, kopierte es so oft, bis es richtig schön schlecht aussah, strich den Originaltext durch und kritzelte seinen Namen, Albumtitel und Credits darüber. Jetzt wird sich der Leser zu Recht fragen, was zum Teufel hat das denn mit den Liars zu tun? Nun, die Liars haben auf ihrer neuen Single dasselbe mit dem Cover des Eihstürzende-Neubauten-Albums strategies against architecture 80-83 getan. Und jetzt sollte langsam was über die Musik kommen, sonst wird Klemensvon Mute sauer. Das Liars-Album they were wrong, so we drowned ist auf Dauer ein bisschen, nun ja, anstrengend. Die Single lässt dann schon eher erkennen, wieso die Band aus New York als das neue große Ding gehandelt wird. Der Titeltrack ist zwar zuweilen auch kräftezehrend, aber die beiden Non-Album-Tracks „Skull & Crossbrooms“ und „Broom“, die in ihrer fotkigen Experimentierlust auch /on Amon Düül sein könnten, erwärmen das Herz.

Achtung! Wieder einmal muss die Ankunft einer Singer/ Songwriter-Sensation verkündet werden. Cass McCombs heißt sie, die Sensation, die ein Mann ist, stammt aus der New Yorker Anti-Folk-Szene und wird von anderen Singer/ Songwriter-Sensationen wie Will „Bonnie .Prince‚ Billy“ Oldham und Adam Green ausdrücklich für toll befunden. Obwohl der Autor solche Singer/Songwriter-Sensationen wie Will „Bonnie ,Prince‘ Billy“ Oldham und Adam Green ausdrücklich für toll befindet, kann er deren Urteil über Cass McCombs nicht ganz teilen. „Not The Way“ (4 AD/Beggars/lndigo) kickt nicht hundertprozentig, es plätschert halt so folkig dahin.

Aber keine vorschnellen Urteile bitte. Vielleicht wird da ja noch was draus.

Heute die erste Single draußen, morgen auf dem Cover Ihres Musikmagazins. Mode» Lemon sind ein Trio aus Pittsburgh, Pennsylvania, dessen Debüt-EP „Predator“ (Mute/Virgin) selbst Menschen, die relativ immun sind gegen den Next-big-thing-Virus, ein“.Verdammt nochmal, was soll dos denn sein?“ entlockt. Mit Gitarre, Gesang, Moog-Synthie und Schlagzeug rumpeln die drei durch einen manischen Zitat-Garagenrock, der sich, äh, gewaschen hat. Wer will, darf gerne Suicide, MC5 oder The Cramps als soundästhetische Anhaltspunkte heraushören, oder aber auch – ein bisschen konkreter – schamlose Zitate von „War Pigs“ (Black Sabbathl und Jimi Hendrix‘ „Crosstown Traff ic“.

Treue Leser wissen es: Zu Hia hat der Autor ein durchaus ambivalentes Verhältnis. Wie oft hat er’s nicht schon probiert, diese Band gut zu finden? Weil er sie gut finden will – aber verdammt nochmal, es gelingt einfach nicht. Die neue Mia-Single „Hungriges Herz“ (Columbia/Sony Musicl ist schon okay, weil das ein nettessemi-elektronischesSchlagerliedchen ist. Sängerin Mieze klingt jetzt wie Shirley Manson von Garbage und manche Textstellen wie „was ist mit meinem Willen bloß, machst meinen Willen willenlos“ erreichen durchaus die Stärke fünf auf der nach oben offenen Judith-Holofernes-Skala. Aber am Schluss bleibt immer die eine Frage: Was soll das?

Und jetzt kommen wir zu der zweiten Verlosung in der glorreichen Geschichte dieser hervorragenden Rubrik. Unter allen Einsendern, die die Frage „Wie hieß das gemeinsame Projekt von Eugene Chadbourne und Camper Van Beethoven?“ richtig beantworten, verlosen wir eine sehr schlechte, verzerrte Schwarzweiß-Kopie (siehe Abbildungl des Liars-Singles-Covers“.There’s Always Room On The Broom“. Einsendungen bitte an die Redaktionsadresse. Stichwort: „Einstürzende Liars.“