Smoke on the water agam: Deep Purple verwalten ihr Erbe


BERLIN. „Kampf der Kotzbrocken‘ nannte die Neue Osnabrücker Zeitung jüngst die zweite Wiedervereinigung der ewigen Streithähne Gillan und Blackmore. Über 10.000 vorwiegend männliche Fans gehobenen Alters wollten sich dieses Schauspiel nicht entgehen lassen: Die Deutschlandhalle platzte aus allen Nähten.

Kurz nach neun Uhr: Mit „Highway Star“ läuft der erste Klassiker vom Stapel. Eines ist von Anfang an offenkundig: Zwischen den beiden Kontrahenten herrscht keine Waffengleichheit. Wie auch bei seinen letzten Solo-Tourneen ist Gillan wieder mal erkältet; seinem geschundenem Kehlopf entfährt nur ein Krächzen. Blackmore, wie immer mit dichter Perücke auf dem Haupt, wirkt dagegen topfit und schüttelt die Soli gewohnt locker aus dem Ärmel.

„Black Night“ und „Perfect Stranger“ werden von der Purple-Gemeinde ebenso gefeiert wie Material vom neuen Album — wobei sich „The Battle Rages On“ freilich überwiegend aus Versatzsstücken alter Werke zusammensetzt. In der Mitte des Sets stimmt Gitarrengroßmeister Blackmore seine Version von Beethovens Neunter an. die noch vom Rainbow-Album „Difficult To Cure“ („81) stammt und von Purple seit ’84 unverändert zum Besten gegeben wird. Es folgt das Keyboard-Solo des schwer ergrauten Jon Lord, inklusive „Für Elise“ und Boogie-Woogie-Klängen, das die letzten sieben Jahre ebenfalls völlig unverändert überstanden hat. Ein krachendes Drumsolo von Ian Paice, des zweiten Perückenträgers der Band, darf nicht fehlen, nur Blackmore verweigert den Alleinritt. Zu „Anyone’s Daughter“ ist die Veteranen-Combo wieder beisammen.

Die germanophilen Haudegen wissen ihren Fans zu schmeicheln — den Zugabenteil eröffnen sie mit dem Deutschlandlied, um darauf „Speed King“ und ihre Hymne „Smoke On The Water“ anzustimmen. Abschlußbilanz: Die Evergreens sind gespielt, das Auditorium ist mit einer Leistung zufrieden, bei der die Routiniers sich nicht verausgaben mußten. Warum sollten sie sich auch Kopfzerbrechen über Neuerungen machen, wenn sich auch so stapelweise Scheinchen verdienen lassen?